Hansjürgen Verweyen
Einführung in die Fundamentaltheologie
Reihe: Einführung Theologie
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 2008
176 Seiten 14,90 Euro
ISBN 978-3-534-20521-9
Die große Herausforderung einer zeitgemäßen Fundamentaltheologie besteht darin, den Glauben an Jesus Christus als „Gottes letztes Wort“, also als Offenbarung von Heil und Sinn für alle Menschen aller Zeiten, vor dem Forum der historischen und philosophischen Vernunft zu verantworten und hermeneutisch zu vermitteln.
Dies ist nicht nur im Rahmen akademischer Auseinandersetzung, nicht nur in der Diskussion mit denen, die diesen Glauben nicht (mehr) annehmen können, zu leisten, sondern auch mit Blick auf diejenigen, die sich trauen, Gottes Verheißungen zu trauen. Auch ihre Glaubensentscheidung sollte auf zwei Beinen stehen; Herz und Verstand sollten mitgehen können. „Nur wenn der Glaube eine freie Antwort auf das Wort Gottes ist, wenn der Glaubende überzeugt ist, aus guten Gründen Ja gesagt zu haben, kann er seinen Glauben auch vor anderen Menschen verantworten. Nur dann kann er sich angstfrei ihrem Denken und Fragen aussetzen und ihnen damit zugleich Mut machen, sich selbst auf das ihn selbst in Anspruch nehmende Wort einzulassen.“ (18)
Hansjürgen Verweyen leistet in seiner „Einführung in die Fundamentaltheologie“ ein Doppeltes: Er stellt in einem ersten Teil in historischer Absicht Herkunft und Werdegang der rationalen Glaubensverantwortung, die in unserer Zeit den Namen „Fundamentaltheologie“ trägt, in ihren entscheidenden Schritten und Gelenkstellen vor (Kapitel I und II). Zur Sprache kommen geistes- und kulturgeschichtliche Wendepunkte und wichtige theologische Denker. Dabei wächst die Ausführlichkeit der insgesamt gut lesbaren Darstellung mit zunehmender zeitlicher Nähe zum besprochenen Inhalt. Exkurse zu Glaube und Vernunft im Islam sowie zum geistesgeschichtlichen Hintergrund US-amerikanischer Religiosität im Unterschied zu ihrer europäischen Schwester belegen pointiert die Notwendigkeit, heutige Fragen aus ihrem geschichtlichen Kontext heraus zu analysieren.
Im zweiten großen Teil (Kapitel III) entfaltet er seinen eigenen systematischen Ansatz der Glaubensverantwortung, der an den Herausforderungen und Überhangfragen aus dem geschichtlichen Durchgang sowie an heutigem Reflexionsniveau Maß nimmt. Ein zentrales Thema ist dabei die Verantwortbarkeit des christlichen Glaubens gegenüber dem Faktum unermesslichen Leides (Theodizee); weiter die Reflexion des Glaubens angesichts eines durch historische Kritik geschärften Blicks auf menschliche Zeugnisse, die ein geschichtliches Ereignis als Sinn behaupten. Vor allem aber geht es ihm – wer einmal Verweyen gelesen hat, weiß dies – um die Formulierung eines Begriffs letztgültigen Sinns, der jedem denkenden Menschen einsichtig sein und ihm existentiell entsprechen könnte, der geschichtlich begegnen und durch ein geschichtlich in konkrete Denk- und Lebensformen eingebundenes Subjekt in Freiheit als Sinn seines und aller Leben angenommen werden kann – kurz: um einen Begriff von Sinn, der, insofern die geglaubte Christusoffenbarung sein formales Raster ausfüllt, der Glaubensverantwortung Genüge tut.
Verweyens Einführung fordert v. a. im systematischen Teil zu einiger geistiger Anstrengung heraus. Die Gedankenführung ist ebenso transparent wie anspruchsvoll. Der Autor entlässt den Leser nicht, bevor er zahlreiche vermeintliche Evidenzen seines Glaubens und seines Zugangs zu Religion und Kirche, Vernunft und Offenbarung überprüft, ggf. revidiert, in jedem Fall aber einmal grundsätzlich infrage gestellt hat. Das Buch verbindet auf dem engen Raum von unter 200 Seiten grundlegende, allgemeine Dimensionen und Elemente des Fachs mit der Spezifik eines besonderen, profilierten Ansatzes der Gegenwart. Während in einer Vorlesung das Gehörte durch Gespräch, Lektüre, Vor- und Nachbereitung begleitet wird und die Studierenden gefordert sind, den Stoff eigenständig zu durchdenken und zu exzerpieren, Schwerpunkte zu bilden und so ein eigenes Substrat zu finden, wird ihnen hier – dem Format der WBG-Einführungen entsprechend – ein solches vergleichsweise dichtes Substrat vom Autor angeboten. Das Buch richtet sich zunächst an Studierende in Studium und Prüfungsvorbereitung sowie an Leserinnen und Leser, die einmal Erlerntes auffrischen und auf den neuesten Stand bringen wollen.
Julia Knop
Quelle: Eulenfisch Literatur 2 (2009), Heft 1, S. 44f. [Literaturbeilage von Eulenfisch. Limburger Magazin für Religion und Bildung]