Hinweise für die Lehrenden
Das vorliegende Webquest bietet Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich selbstständig mit der Vielfalt aktuellen jüdischen Lebens in Deutschland auseinanderzusetzen. Es thematisiert damit Judentum aus einer Perspektive, die im Unterricht in Katholischer Religionslehre bislang wenig Beachtung findet, obwohl die kirchliche und theologische Auseinandersetzung und der Dialog mit dem gegenwärtigen Judentum intensiv betrieben werden. Auch von jüdischer Seite besteht der Wunsch nach einer stärkeren Beachtung der lebendigen jüdischen Gegenwart in Deutschland. So äußert sich etwa Dieter Graumann, der Präsident des Zentralrats der Juden, 2011 in einem Interview mit der Faz: „Ich wünsche mir ein frisches, positives und lebendiges Judentum hier. Wir Juden in Deutschland müssen uns stärker darüber bewusst sein, welche Schätze das Judentum birgt: eine Schatztruhe von positiven Dimensionen. Sie zu heben, bietet uns eine große Chance. Das Positive, das wir zu bieten haben, zum Beispiel die jüdische Kultur, müssen wir aber auch nach außen tragen.“
Damit versteht sich diese Unterrichtssequenz ausdrücklich nicht (!) als Alternative zu einer unterrichtlichen Auseinandersetzung mit der Shoa, vielmehr ist sie nur auf ihrer Grundlage möglich. Bewusst wird daher im ersten Themenschwerpunkt die Geschichte des unmöglichen Fortbestehens jüdischen Lebens in Deutschland nach 1945 in den Fokus gerückt. Bei der Auswahl der Themen und Quellen wurden – soweit möglich – folgende Gestaltungsprinzipien berücksichtigt:
- Jüdische Perspektiven auf das Judentum: Die SuS sollen das Judentum in Deutschland wo möglich anhand seiner Selbstdarstellungen und Selbstwahrnehmungen erkunden. Daher werden hauptsächlich Materialien eingesetzt, die von jüdischen Gemeinden oder jüdischen Websites zur Verfügung gestellt werden.
- Multiperspektivität: Die Unterrichtssequenz soll den SuS einen Einblick in die Vielfalt jüdischen Lebens und die unterschiedlichen Strömungen des gegenwärtigen Judentums gewähren. Das Webquest integriert daher bewusst Informationsangebote verschiedener jüdischer Gemeinden und Gruppen. Es konfrontiert die SuS auch mit strittigen Fragestellungen (z.B. Ordination von Rabbinerinnen).
- Differenzierungsmöglichkeiten: Die Auswahl der Themenbereiche, die jedes Partnerteam bearbeitet und die Differenzierung von Basis- und Ergänzungsaufgaben erlaubt den SuS die Ausbildung individueller Interessensschwerpunkte. Maßnahmen zu internen Differenzierungen können optional auch durch die Lehrkraft gesteuert werden, indem z.B. für besonders leistungsfähige SchülerInnen die Zahl der obligatorischen Aufgaben erhöht wird.
Durch die gemeinsame Arbeit in Partnerteams können sich die SuS wechselseitig unterstützen und kontrollieren. Ggf. ist auch ein arbeitsteiliges Arbeiten möglich, wenn ausreichend PC-Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Die hier vorliegende konkrete Arbeitsanweisung für die SuS kann selbstverständlich je nach den Voraussetzungen der betreffenden Lerngruppe modifiziert werden, z.B. bezüglich der Zahl und Auswahl der zu bearbeitenden Stationen.
Die hier vorgeschlagene Reihenfolge der einzelnen Stationen ist eine Empfehlung, die von den SuS nicht zwingend befolgt werden muss. Es empfiehlt sich jedoch für alle SuS, mit der ersten Station zu beginnen, um die spezifischen Situation jüdischen Lebens in Deutschland zu verstehen. Die neunte Station fordert die SuS zu einem Fazit und zu einer persönlichen Einschätzung der Zukunftsperspektive jüdischen Lebens in Deutschland auf. Diese Aufgabe ist anspruchsvoll, weil sie von den SuS sowohl einen Perspektivwechsel (Wie würden in Deutschland lebenden Juden diese Frage beantworten?) als auch den Einbezug der eigene Perspektive (Wie beantworten wir als Teil der nichtjüdischen Mehrheitsgesellschaft diese Frage?) verlangt. Sie bietet sich als Grundlage für eine abschließende Diskussion nach der Fertigstellung der Powerpoint-Präsentationen und ihrer Vorstellung an. Aus Zeitgründen werden nicht alle Schülerteams ihr Produkt präsentieren können; dies würde auch zu zahlreichen Redundanzen führen. Welche Teams präsentieren, kann von der Lehrkraft ausgelost oder auf der Grundlage der verschiedenen Ergebnisse ausgewählt werden. Die Abschlussdiskussion bietet allen SuS die Möglichkeit, ihre erworbenen Kenntnisse einzubringen.
Kompetenzerwerb in der vorliegenden Unterrichtssequenz3: Die SuS …
- … deuten Religionen und Konfessionen als Wege des Suchens nach Urgrund, Sinn und Heil (Sachkompetenz).
- … skizzieren den Gedankengang von altersangemessenen Texten mit religiös relevanter Thematik (Methodenkompetenz).
- … setzen die Struktur von Texten sowie von Arbeitsergebnissen in geeignete graphische Darstellungen wie Mindmaps und Schaubilder um (Methodenkompetenz).
- … nehmen die Perspektive anderer Personen bzw. Positionen ein und beteiligen sich konstruktiv an religiösen Dialogen (Handlungskompetenz).
Literatur:
- Schneider, Richard Chaim, Wir sind da! Die Geschichte der Juden in Deutschland von 1945 bis heute. München 2000.
- Jungmann, Alexander, Jüdisches Leben in Berlin. Der aktuelle Wandel in einer metropolitanen Diasporagemeinde. Bielefeld 2007.
- Klaeren, Jutta, Jüdisches Leben in Deutschland. Bonn 2010 (Informationen zur politischen Bildung Nr. 307). Online abrufbar unter www.bpb.de/izpb/7643/juedisches-leben-in-deutschland.