Was unterscheidet Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten? Was passiert bei einem Trauma im Gehirn? Welche Folgen können dadurch ausgelöst werden und was braucht der Betroffene dann? Diese und viele andere Fragen will das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR in Österreich mit einem Handbuch speziell für Lehrer beantworten. Denn wenn Kinder und Jugendliche Krieg und Flucht erlebt haben, beeinflusst das auch den Schulalltag.
Ahmet ist ein schüchterner Elf-Jähriger aus dem Irak. Mit seinen Mitschülern hat er kaum Kontakt. Auch nicht mit denen, die Arabisch sprechen. Stattdessen malt er gern. Als ihm sein Lehrer für eine gelungene Porträtzeichnung lobend auf die Schulter klopft, zuckt der Junge zusammen und duckt sich erschrocken weg - eine besondere Situation für den Lehrer.
Zugegeben, Ahmet ist eine fiktive Figur. Genauer gesagt, ein Fallbeispiel aus dem Handbuch "Flucht und Trauma im Kontext Schule" des Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Österreich. Aber Jungen und Mädchen, die wie er aus ihren Heimatländern fliehen mussten, sitzen auch in realen Klassenzimmern. "Die Erlebnisse von Krieg und Folter in den Herkunftsländern sowie die oft monatelange dramatische Flucht nach Europa belasten vor allem Kinder und Jugendliche in hohem Maße", heißt es in dem Leitfaden. Das stellt Pädagogen vor eine Herausforderung: Denn auf diesem Gebiet müssen auch Lehrer oft noch lernen.
Einführungen und Weiterführendes
Das Handbuch des UN-Hilfswerks bietet zum einen praktische Informationen rund um die Themen Flucht und Vertreibung. Wie ist die Situation zum Beispiel in Afghanistan, Syrien oder Somalia? Wie war die Schulzeit von Kindern dort? Die Einführungen mit Zahlen und Fakten zu Flucht und Asyl beziehen sich auf Österreich. Das meiste Material lässt sich aber auch auf Deutschland übertragen. Das andere große Thema des Leitfadens sind die Folgen, die Gewalt- und Fluchterfahrungen bei den Schülern auslösen können: Was ist eigentlich ein Trauma, was für Unterschiede gibt es und welche Schlüsselreize sind im Schulalltag vorhanden? Das sind nur einige der Fragen, um die es geht.
Darüber hinaus ist das Handbuch voller Hilfen, Ideen und vorbereitetem Unterrichtsmaterial zum Umgang mit betroffenen Kindern und Jugendlichen. Zum Beispiel werden feste Rituale im Schulalltag vorgeschlagen, die den Schülern ein Gefühl von Sicherheit vermitteln können. Aber auch die Arbeit mit den oft ebenfalls traumatisierten Eltern ist ein Thema. Und - nicht zuletzt - geht es auch um die Situation des Lehrers selbst. Was bedeutet der Umgang mit jungen Menschen, die Krieg und Gewalt erlebt haben für den Pädagogen persönlich? Dafür gibt das Handbuch ebenfalls Anregungen und Hilfestellungen.
Flucht und Trauma im Religionsunterricht
Auch in der Kirche sind Flucht, Vertreibung und ihre Folgen ins Zentrum gerückt. Religionslehrer, die sich mit ihren Schülern im Unterricht mit diesen Themen auseinandersetzen, bekommen mit dem Handbuch zahlreiche Informationen über Flucht und Asyl. Außerdem werden in Infokästen Fragen wie "Wie trauern Kinder und Jugendliche?" behandelt. Darüber hinaus gibt es Vorschläge zu Unterrichtseinheiten, zum Beispiel zum Thema Selbstwert und eigene Stärken.
Wenn Sie Interesse an dem Handbuch "Flucht und Trauma im Kontext Schule" haben, können Sie es per Mail an ausvi@unhcr.org bestellen oder kostenlos unter www.unhcr.at herunterladen.
(mam)