Geistliche Volkslieder zur Weihnachtszeit

Buchvorstellung - 17.12.2015


Fritz Baltruweit
Engel, Stern und Weise
Geistliche Volkslieder


Hannover: Lutherisches Verlagshaus 2015
96 Seiten, 19.90 €
ISBN 978-3-78591-195-2

 

Es gibt Neuerscheinungen, bei denen Leserinnen und Leser mit dem ersten Blick auf den Buchumschlag einen bestimmten Inhalt verbinden. Und genauso gibt es Leserinnen und Leser, die mit demselben Buch etwas gänzlich anderes verbinden, wenn sie den Titel lesen. Und dann gibt es eine dritte Gruppe, die ihre Vorstellung vom Buch über die beigefügte CD mit Liedinterpretationen eines bekannten Liedermachers entwickelt. So ist dies auch bei dem Buch „Engel, Stern und Weise. Geistliche Volkslieder zur Weihnachtszeit aus acht Jahrhunderten“.

Zunächst soll vom Inhalt des Buches ausgegangen werden. Angekündigt sind Hintergründe zu 28 Liedern aus acht Jahrhunderten, von Weihnachtsliedern, die zu Volksliedern wurden. Dieses löst Fritz Baltruweit gemeinsam mit Jürgen Schönwitz auch ein. Die Abschnitte enthalten Informationen zum Inhalt und der Entstehung der Lieder, ferner den Text, gegebenenfalls in unterschiedlichen Überlieferungen. So wird zum Beispiel bei „In dulci jubilo“ eine heute nicht mehr gesungene Marienstrophe in ihrem ursprünglichen Wortlaut und in der Umdichtung durch Martin Luther hinzugefügt, ebenso die aktuelle Textversion des evangelischen Gesangbuchs.

Wenn man die CD einlegt und sich die Liedauswahl anhört, so findet man überwiegend Neueinspielungen der bekannten Melodien, arrangiert von Fritz Baltruweit und Sebastian Frank nach Art eines Liedermachers. Der Gesang von Baltruweit ist begleitet durch Gitarre, E-Piano, Blas- und Saiteninstrumente, Akkordeon und Schlagwerk. Es werden bewusst nicht die bekannten und „eingehörten“ Sätze von Bach und anderen Komponisten verwendet, selbst wenn eine nicht geringe Zahl von Lesern diese bei der Lektüre im Kopf gehört haben dürften. Eine Reihe von Liedern gewinnt so einen leichten und tänzerischen Charakter, der sonst so nicht gekannt ist, z.B. „In dulci jubilo“. Der Ankündigung Volkslieder vorzustellen, wird hier durchaus Rechnung getragen.

Wirklich überraschend ist die Illustration des Buches. Es handelt sich dabei um eine Auswahl von Cartoons des Zeichners Steffen Butz. So wird dem Lied „Vom Himmel hoch“ eine ganzseitige Abbildung beigegeben, die sechs Engel zeigt – allerdings in Form von aus vollem Hals singenden und musizierenden Bären und der Bildunterschrift „Die himmlischen Bärscharen“. Das Lied „Ich steh an deiner Krippen hier“ ziert die Darstellung von drei, dem Betrachter den Rücken zuwendenden und durchaus korpulenten, gekrönten Frauen, die sich über etwas nicht Sichtbares in einem Stall beugen und „Wie süß!“, „Ist der goldig!“ und „Duziduzidu!“ ausrufen. Der Titel lautet „Die heiligen drei Königinnen“. An diesem Ort lassen sich die Illustrationen am ehesten als paradoxe Intervention verstehen.

Wissend um diesen ungewöhnlichen Dreiklang aus Text, Bild und Musik, können Religionslehrerinnen und Religionslehrer entscheiden, wie sie das Buch im Unterricht verwenden. Eine Auseinandersetzung mit der Entstehung der volkstümlichen Weihnachtslieder ist ebenso möglich, wie eine kritische Diskussion des Sinngehalts der Cartoons mit Blick auf heute übliche Feierformen. Vielleicht scheint auf diese Weise der eigentliche Sinn der Weihnachtsbotschaft ganz neu auf.

 

Barbara Wieland