Uwe Birnstein
Jung, ledig und schwanger sucht …
Warum Weihnachten uns zu Herzen geht
Stuttgart: Camino 2015
168 Seiten, 14.95 €
ISBN 978-3-46050-011-2
In vierzehn Portraits werden die Ereignisse um die Geburt des Gottessohnes lebendig: Die Ahnen Jesu, Quirinius und Augustus, Zacharias, Elisabeth, Gabriel, Maria, Josef aus Nazaret, Jesus, Hirten, der Mohel, Simeon und Hanna, die drei Weisen, Herodes und der Zöllner tragen zu den einzelnen Facetten bei.
Bemerkenswert ist, dass der Camino-Verlag (ein Imprint des Verlags des Katholischen Bibelwerks) mit Uwe Birnstein einen evangelisch-lutherischen Theologen mit den Betrachtungen der Handelnden in der Weihnachtsgeschichte betraut hat. Birnstein bezeichnet sie als „Herzensgeschichte“, die weit mehr ist, als Geschichtsschreibung oder Legende. Es geht ihm darum, Sorgen, Hoffnungen aber auch Brüche im Leben der Menschen in der Zeit vor 2000 Jahren mit der Situation der Menschen von heute zu verbinden.
In den Gedanken zu den Ahnen, die im Stammbaum Jesu genannt werden, nehmen die vier darin namentlich erwähnten Frauen breiten Raum ein: Tamar, Rahab, Rut und Batseba – dabei sind alle ihre Lebenswege kaum als vorbildlich im Glauben zu bezeichnen. Auch Quirinius und Augustus waren keineswegs nur friedvoll und mild, weder in politischer noch in familiärer Hinsicht. Ganz anders Zacharias, ein gerechter und frommer Mann, ein Priester der mit seiner Frau Elisabeth kinderlos blieb, bis ihm ein Engel verkündete, dass seine Frau noch in vorgerücktem Alter ein Kind gebären würde. Er war so von Freude erfüllt, dass es ihm die Sprache verschlug bis zu dem Tag, als das Kind bei der Beschneidung offiziell einen Namen erhalten sollte: Johannes. Elisabet wird als eine aus tiefem Gottvertrauen lebende Frau beschrieben, die die Schmach der Kinderlosigkeit ohne Klagen trug und die die ersten fünf Monate ihrer Schwangerschaft dem Wunder kaum zu trauen vermochte.
Besonders umfangreich sind die Betrachtungen von Maria, Josef und dem Jesuskind. Das Ringen von Maria mit diesem für sie völlig unerwarteten Anruf Gottes wird von Uwe Birnstein sehr einfühlsam beschrieben, genauso wie die Zweifel des Josef, der sich in schwerem inneren Ringen dem Wort des Engels im Traum öffnet und auf Gott vertraut, der zu ihm durch diesen Boten spricht. Aus der Zeit, da Jesus ein Säugling und Kind war, ist fast ausschließlich Legendarisches überliefert. Birnstein belächelt dies nicht, sondern er erzählt von diesen Deutungen, die versuchen, diese wunderbare, göttliche Geburt mit menschlichen Worten zu erfassen und dem Leben dieses Kindes eine menschliche Seite zu geben. Wenn die Legenden uns heute auch zuweilen abwegig vorkommen mögen, so wollen sie doch das, was sich hinter dem Bekenntnis „wahrer Mensch und wahrer Gott“ verbirgt in Worte und Bilder kleiden.
Die Personen, die nach der Geburt von Bedeutung werden, die Hirten, der Mohel, Simeon, Hanna und die drei Weisen, Herodes und ein Zöllner finden in ihrem jeweiligen Eigenstand Beachtung. Alle erkennen sie, dass hier wirklich ein besonderer Mensch zur Welt gekommen ist. Den einen offenbart sich in dem kleinen Kind der so sehnsüchtig erwarteten Messias, die anderen wollen in ihm einen weltlichen König sehen, der den aktuellen Herrschern zur Gefahr werden könnte. Lebensfreude und Lebensgefahr liegen schon zu Beginn des Lebensweges Jesu sehr nahe beieinander.
Die einzelnen Abschnitte können separat gelesen und auch als Betrachtungstexte in Adventsmeditationen ausgewählt werden. Das Buch ist ebenfalls ein sehr geeigneter Begleiter durch den Weihnachtsfestkreis bis zum Fest Mariä Lichtmess (bei geänderter Reihenfolge der Lektüre) nicht nur für Religionslehrerinnen und Religionslehrer, sondern für alle, die sich intensiver mit dem Beginn des Lebensweges Jesu befassen und diesen mit ihrem eigenen Leben in Beziehung setzen möchten.
Barbara Wieland