Erich Jooß
Das Kind, das die Welt verändert hat
Neue Weihnachtslegenden
Würzburg: Echter Verlag 2014
120 Seiten, 12.90 €
ISBN 978-3-429-03735-2
Sind Weihnachtslegenden Märchen oder gar Fantasy-Geschichten? Nach dem Verständnis des Autors Erich Jooß nicht. Er erklärt, was er darunter versteht so: Grundlage sind die biblischen Texte des Neuen Testaments. Die Legenden fragen, ohne Rekonstruktionen sein zu wollen, nun danach, wie es damals in Bethlehem gewesen sein könnte – nicht in der Mitte des Geschehens, sondern an Orten, die eher zufällig Zeugen der Herbergssuche, der Geburt und des wunderbaren Geschehens im Anschluss wurden. Legenden beruhen auf überlieferten Erzählmustern und sollten eigentlich laut vorgelesen werden. Erich Jooß weist darauf hin, dass sie ihre volle Tiefe erst dann erreichen, wenn menschliche Stimme sie anderen Lauschenden vorträgt.
Die Legenden über „das Kind, das die Welt verändert hat“ regen an, einen anderen als den üblichen Blickwinkel einzunehmen und sich vorzustellen, wie aus Sicht „kleiner Leute“ das Geschehen der Heiligen Nacht gewesen sein könnte: aus Sicht von Hirten, Hausierern, Sternguckern, Karawanenführern, Reitern des Herodes, einem Kamelbesitzer, einem Wirt und nicht zuletzt auch aus Sicht von Josef, der seinen Träumen gefolgt ist. Die Texte sind sprachlich wie inhaltlich sehr ansprechend. Sie ermutigen dazu, gedanklich die Szenen auszuschmücken und sich in die damalige Welt und ihre Bewohner hineinzuversetzen.
Vielleicht mag der eine oder andere Leser die Legenden weiterschreiben und dann wieder weitererzählen – immer auf der Spur des Kindes, das die Welt verändert hat.
Barbara Wieland