Petra Bahr
Weihnachts-Liederreise
Frankfurt am Main: Hanseatisches Druck- und Verlagshaus 2013
32 Seiten, 12.90 €
ISBN 978-3-869-21126-8
Die Autorin Petra Bahr, promovierte Theologin und von 2006-2014 Kulturbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, schickt das Grundschulkind Flo am Weihnachtstag auf die Reise zu seiner Oma, da seine Mutter lieber ohne ihn in den sonnigen (weihnachtsfreien) Süden reisen möchte. Weihnachtslieder und ein rotes Krokodil namens Richard begleiten den Jungen auf dieser Reise. Für Erwachsene ist Richard ein Stofftier, für Flo Gesprächspartner. Die Situation des Jungen, der durch die Handlung des Buches führt, ist für viele Kinder Realität: es gibt in seinem näheren Beziehungsumfeld nur Mutter und Großmutter.
Versucht man das Buch unter christlichem Blickwinkel zu lesen, tauchen einige Fragen auf: Warum wird der Hl. Nikolaus, der als ein Fußbad nehmender Weihnachtsmann und das Buch „Max und Moritz“ lesend dargestellt ist, nur als „Beschützer der Kinder“ eingeführt – und warum überhaupt, wo doch die Reise am Heiligen Abend stattfindet? Welchen Sinn machen alte christliche Weihnachtslieder, wenn es gar kein christliches Brauchtum im Leben von Oma und Flo (und auch nicht der Mutter) gibt, sondern nur Singen und Tanzen um den Weihnachtsbaum bzw. Ausruhen auf dem Sofa im Wohnzimmer? Ob Kinder sich freuen, wenn über sie in Analogie zum Jesuskind gesagt wird, sie seien „auch nur so ein runzliger Schreihals“ gewesen, sei ebenfalls in Zweifel gezogen.
Sicher ist es einen Versuch wert, die Weihnachtsgeschichte Kindern und Erwachsenen zu vermitteln, die wenig von der christlichen Botschaft kennen. Was dem Buch aber völlig fehlt, ist das Geheimnisvolle und Mystagogische, das dem Weihnachtsfest eigen ist. Auf wundersame Weise kamen Hirten nächtens zum Stall, weil sie dem Ruf des Engels getraut hatten – in diesem Buch werden sie als „Nachbarn“ tituliert, die „das Kind feiern, wie einen neuen Prinzen“. Da entstehen Bilder im Kopf, die zu Schlagzeilen wie „Englische Prinzessin bringt Thronfolger zur Welt“ passen. Solch ein König sollte Jesus ja nun gerade nicht werden.
Die Lieder stehen wie fremd neben der Geschichte von Oma und Flo. Wie soll sich auch der Text von „Ich steh an deiner Krippen hier“ (Paul Gerhardt 1529) von selbst erschließen? Das hat wohl auch die Autorin so empfunden und bei drei Liedern Neudichtungen von Klaus-Martin Bresgott, seit 2009 Mitarbeiter im Kulturbüro des Rates der EKD, übernommen. So heißt z.B. die abschließende Strophe von „Vom Himmel hoch, o Englein kommt“ (Friedrich von Spee 1616) nun wie folgt: „Swingt auch und rappt, gebt guten Groove … Voll Rhythmus ist der Weihnachtsruf“. Der Sinngehalt der ursprünglichen Zeilen „Singt Fried den Menschen weit und breit … Gott Preis und Ehr in Ewigkeit“ war wohl etwas zu schwierig zu vermitteln.
Kurzum: Auf einem religionspädagogischen Portal, das sich an Religionslehrerinnen und Religionslehrer richtet, kann dieses Buch zur Anschaffung nicht empfohlen werden. Wer eine Zusammenstellung geeigneter Weihnachtslieder für Kinder sucht, wird an anderer Stelle besser fündig, wer eine aus dem Leben gegriffenen Weihnachtsgeschichte sucht, ebenfalls.
Barbara Wieland