Existenzglaube - Transzendenzglaube - Konfessionsglaube

Buchvorstellung - 27.09.2011

Martin Lechner/ Angelika Gabriel (Hg.)
Brenn-Punkte
Religionssensible Erziehung in der Praxis

München: Don Bosco Medien. 2011
104 Seiten, Farbfotos 14,90 €
ISBN 978-3-7698-1832-1
 

Der Hintergrund dieser Praxisreflexionen ist das Forschungsprojekt „Religion in der Jugendhilfe“ (2005-2008), bei dem die „Ausgangssituation religiöser Erziehung in der (teil-)stationären Jugendhilfe“ empirisch analysiert wurde. Daraus entwickelte sich eine „sozialräumlich orientierte, religionspädagogische Handlungstheorie“, konkretisiert in Zielen, kreativen Methoden und Arbeitsformen.
 

Religionssensible Erziehung basiert auf der Einsicht, dass „religiöse Erziehung und Bildung nicht mehr ausschließlich auf eine Weitergabe des christlich-konfessionellen Glaubens“ abzielen kann, sondern „vielmehr als eine pädagogisch initiierte und begleitete Auseinandersetzung mit dem Gegenstand Religion – d.h. mit der Welt des Religiösen – konzipiert werden“ muss. Sie wird daher primär als ein „Teilgebiet der (Sozial-)Pädagogik verstanden. Eine religionssensible Erziehung versteht sich u.a. als ein integrierender Aspekt der allgemeinen Erziehung, nimmt sensibel und respektvoll religiöse Biographien, Bedürfnisse und Artikulationen von Kindern und Jugendlichen wahr und will einen spezifischen Beitrag zu deren Persönlichkeitsentwicklung leisten. Sie hat eben verstanden, dass man „Religion und religiöse Menschen nicht einfach durch Erziehung „machen“ kann und schützt dadurch auch die Erzieher/-innen vor einem Leistungsdruck in religiöser Hinsicht.

Das Konzept setzt also beim subjektiven Glauben der Jugendlichen an und praktiziert einen differenzierten Religionsbegriff: Existenzglaube – Transzendenzglaube – Konfessionsglaube. Diese Weiträumigkeit ermöglicht es dann, „dass Jugendliche eine sehr intensive Auseinandersetzung mit „ihrem“ Glauben zulassen, wenn man die traditionellen Wege der Glaubensvermittlung verlässt und sich den jungen Leuten öffnet“. Die vielen in diesem Band dokumentierten und reich bebilderten Erfahrungsberichte bezeugen die Fruchtbarkeit dieses Ansatzes, der eben nicht nur bei den jungen Menschen das Gespräch über Glaube und Religion wieder salonfähig zu machen vermag.

Reiner Jungnitsch

Quelle: Eulenfisch Literatur 4 (2011), Heft 2, S. 51.