Christoph Beuers/ Jochen Straub
Ins Leben geschrieben
Partnerschaftliche Exerzitien für Menschen mit und ohne Behinderung
Kevelaer: Verlag Butzon & Bercker. 2010
96 Seiten mit zahlr. SW-Abb. 12,90 €
ISBN 978-3-7666-1354-7
„Wir wollen aufsteh´n, aufeinander zugeh´n, voneinander lernen miteinander umzugeh´n...“ Unter das Motto könnte das hier vorgestellte Konzept partnerschaftlicher Exerzitien von Menschen mit und ohne geistige Behinderung gestellt werden. Entwickelt wurde es in der Kooperation der Fachschule für Heilpädagogik der Marienschule in Limburg, des St. Vincenzstiftes in Aulhausen und des Referates Seelsorge für Menschen mit Behinderung im Bistum Limburg.
Inzwischen ist es fester Bestandteil der Arbeit dieser Institutionen, insbesondere der Ausbildung angehender Heilpädagogen, Heilerziehungspfleger und Sozialassistenten. In den beiden Tagen der Exerzitien gehen jeweils zwei Menschen einen partnerschaftlichen Weg miteinander, begegnen sich in ihrer Verschiedenheit und entdecken, was sie miteinander verbindet. Diese Verschiedenheit wird zur Bereicherung.
Im vorliegenden Buch wird ein Kurs exemplarisch vorgestellt und praxisnah in seinen einzelnen Elementen methodisch und theologisch reflektiert. Dabei wird deutlich, wie eine von Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam erlebte Spiritualität aussehen kann. Es gibt Impulse und Austausch in der Großgruppe und immer wieder die Begegnung zu zweit. Dabei steht zunächst die Betrachtung dessen, was das Schöne im eigenen Leben ausmacht, im Zentrum. In einem weiteren Schritt wird der Blick auf das Traurige im Leben gerichtet. Immer wieder wird dabei deutlich, dass das Erleben von Freude und Trauer Erfahrungen sind, die zu jedem Leben gehören. Es entsteht Achtung vor der Kraft, mit der manch einer sein Leben gerade unter erschwerten Bedingungen meistert. Am Ende der Tage steht der gemeinsame Gottesdienst, in dem die Nähe des liebenden Gottes in den Erfahrungen von Freude und Trauer gefeiert wird, verbunden mit einem persönlichen Segen für die Teilnehmer. Bei der Schilderung dieser Erfahrungen kommen die Teilnehmer ausführlich selbst zu Wort.
Im abschließenden Kapitel werden richtungsweisende Visionen formuliert: Menschen mit und ohne Behinderung sind gemeinsam zur Spiritualität berufen, wobei die Behinderung als unterscheidendes Merkmal keine größere Rolle spielt als Augen- oder Haarfarbe. Die Behinderung wird nicht abgespalten, sondern sie ist ein Teil der zu bewältigenden Lebensaufgabe. Im Zentrum steht die tragende Beziehung. So schreiben die Autoren: „Partnerschaftliche Exerzitien verlangen nach Reflexion. Sie wollen den Rollentausch und die Empathie zur Basis jeglichen Handelns machen.“
Das Buch bietet wichtige Anregungen für alle in der religiösen und pädagogischen Begleitung behinderter Menschen Tätigen sowie für entsprechende Ausbildungsstätten. Aber es kann darüber hinaus für jeden Interessierten Impulse geben zu einem „integrativen Lebensstil“, entsprechend dem von Bischof Franz Kamphaus in seinem Fastenhirtenbrief von 2002 zitierten Satz von Ulrich Bach: „Eine Gemeinde ohne Behinderte ist eine behinderte Gemeinde.“ Dem Buch vorangestellt ist ein ausführliches Geleitwort von Franz Kamphaus.
Claudia Kobold
Quelle: Eulenfisch Literatur 4 (2011), Heft 2, S. 25.