Kunst der Feier der Messe

Buchvorstellung - 29.11.2010

Michael Kunzler
Ein Laien-„Messbuch“
Eine Einführung in das Wertvollste der katholischen Christen: die heilige Messe

Paderborn: Bonifatius Verlag. 2011
272 Seiten 22,90 €
ISBN 978-3-89710-480-8

Der in Paderborn lehrende Liturgiewissenschaftler Michael Kunzler hat sich in seinem umfangreichen Oeuvre immer wieder bemüht, auch für theologische Laien verständlich zu schreiben, angefangen 1989 mit „Berufen, dir zu dienen. 15 ‚Lektionen’ Liturgik für Laienhelfer im Gottesdienst“ über eine Laiendogmatik (1998) wie auch Laienliturgik (1999) bis zum vorliegenden Band. Die Anführungszeichen bei „Messbuch“ deuten an, dass es hier um keinen neuen „Schott“ geht.

Das Buch könnte auch „Kunst des Mitfeierns“ heißen, ein Gegenstück zum 2007 erschienenen Werk „Liturge sein. Entwurf einer Ars Celebrandi“.
In einem ersten Kapitel „Theologie des Gottesdienstes“ werden liturgiepraktische Fragen behandelt, wird unter anderem der tridentinische mit dem nachvatikanischen Messritus verglichen. Ein weiteres Kapitel vermittelt einen Überblick über die Geschichte der Eucharistietheologie. Nach weiteren Kapiteln über Bezeichnungen und Formen der Messfeier sowie über in der Sakristei befindliche Utensilien (Bücher, Gefäße, Weihrauch, Gewänder) folgen ausführliche Erläuterungen zu den Hauptteilen der Messe (Eröffnung – Wortgottesdienst – Gabenbereitung – Hochgebet – Kommunion – Schluss) mit ihren jeweiligen Einzelelementen. Ein letztes Kapitel bietet auf vier Seiten einen Überblick über den rituellen Verlauf.
In lockerem Stil gehalten und immer wieder Fachbegriffe erläuternd, lässt das Buch deutlich spüren, wie sehr der Autor einfache Christgläubige im Blick hat. Auch der Verzicht auf Kapitelnummern trägt zu einem weniger akademischen Aussehen bei. Freilich hätte ein sorgfältigeres Korrekturlesen dem Leser so manchen fehlerhaften Stolperstein erspart.

Beim Bemühen um Verständlichkeit stellt sich auch die Frage, wann eine Vereinfachung zur Verengung führt. Welche – auch kontroversen – Probleme sind den Lesern zuzumuten? Dazu zwei Beispiele: Das Evangelium als „Originalton Jesu“ zu bezeichnen klingt zwar modern. Doch das Bemühen von Bibelwissenschaftlern um die „ipsissima verba“ (ureigenen Worte) Jesu lässt sich nicht einfach als „fruchtloser Streit“ abtun. Es gilt als allgemeiner Konsens, dass etwa das Johannesevangelium kaum ein Wort des historischen Jesus enthält – was diesen (unechten) Worten keineswegs ihren Wert nimmt. Aber sollte man das bei einer Liturgieerklärung nicht auch offen ansprechen? Häufig kommen die Begriffe „Wandlung“ und „Wandlungsworte“ vor. Dahinter steckt wohl die Auffassung westlicher Theologie, wonach Brot und Wein mit dem Sprechen der Worte Jesu „Das ist mein Leib ... mein Blut ...“ eben zu Leib und Blut Christi werden. Im theologischen, speziell ökumenischen Diskurs dagegen geht man davon aus – nach jüdischer Gebetstradition –, die Konsekration werde vom Hochgebet als Ganzem bewirkt, und nicht punktuell an einer bestimmten Stelle. Der Autor weist ja auch darauf hin, das Hochgebet bilde „zur Gänze als konsekratorisches Gebet eine Einheit“.

Beizupflichten ist dem Autor, wenn er willkürliche Eingriffe in den Ritus seitens wohlmeinender Priester als Missbrauch brandmarkt. Allerdings müsste man dann auch der Kirchenleitung vorhalten, sie habe einen liturgischen „Reformstau“ zu verantworten. Seit 1988 hat eine Studienkommission an der Revision des Messbuchs langjährig, intensiv und mit hoher Sachkompetenz gearbeitet. 23 Jahre danach wartet man immer noch auf das neue Messbuch!
Alles in allem ist es ein Buch für kirchliche Insider wie auch solche, die über eine gewisse Neugier verfügen. Sie können hier aus einem reichhaltigen Informationsangebot schöpfen. Skeptikern oder Fernstehenden hingegen dürfte manches zu glatt und harmonisierend behandelt vorkommen. So wäre ein weiteres lohnendes Projekt eine „Fundamental-Liturgik“ für Laien. Diese würde nicht einfach traditionelle Frömmigkeit absegnen, sondern auf alternative Modelle aufmerksam machen – mehr argumentativ als bekennerfreudig.

Eckhard Jaschinski

Quelle: Eulenfisch Literatur 4 (2011), Heft 2, S. 21f.