Große Stimmen der Weltliteratur zum Thema Weihnachten

Buchvorstellung - 28.11.2011

Karl-Josef Kuschel
Das Weihnachten der Dichter
Originaltexte von Thomas Mann bis Reiner Kunze neu erschlossen

Ostfildern: Patmos Verlag 2011
252 Seiten
ISBN 978-3-8436-0066-8

Das in diesem Jahr neu aufgelegte Buch von Karl-Josef Kuschel aus dem Jahr 2004 bietet eine interessante Auswahl sorgfältig kommentierter Weihnachtstexte deutscher Dichter des 20. Jahrhunderts.

Unter den (kirchlichen) Festen ist das Weihnachtsfest das am häufigsten als Gegenstand der Literatur gewählte. Kritische Anfragen stehen in der Literatur des 20. Jahrhunderts im Fokus. Die Diskrepanz zwischen der biblischen Botschaft und dem gelebten Leben der bürgerlichen Gesellschaft wird immer wieder benannt. Kuschel, der von einer „Schwundstufe des ehemals kirchlichen-religiösen Festes“ spricht (S. 9), fragt angesichts dieses Befundes aber etwas anderes: Weshalb eigentlich hat das Fest solch eine Bedeutung, angesichts des Verdunstens religiösen Wissens und der zunehmenden Distanzierung zu den verfassten Kirchen? Er vermutet, dass sich wohl kein anderes Ereignis so tief in die menschlichen Seele einprägt, wie das von Kindheit an gefeierte Weihnachtsfest – trotz aller „Verflachung und Verschleuderung“ (ebd.).

Mit ihrem je eigenen Erfahrungshintergrund sind auch die Dichter auf ganz unterschiedliche Weise an das Thema herangetreten. Kuschel ordnet die Texte literarisch, theologisch und zeitgeschichtlich ein und erschließt damit auch tieferliegende Erzählschichten. Bevor aber die Zeugen des vergangenen Jahrhunderts zur Sprache kommen, stellt der Autor Betrachtungen über die Heiligen Nächte der Weltreligionen (Buddha Gautama, Mose, Mohammed) und Ausführungen über die Geburt Jesu in Bibel und Koran voran.

Aus der Literatur wurden Texte von Thomas Mann, Kurt Tucholsky, Erich Kästner, Berthold Brecht, Else Lasker-Schüler, Ilse Aichinger, Johannes Bobrowski, Wolfgang Borchert, Peter Huchel, Hermann Hesse, Heinrich Böll, Günter Grass, Reiner Kunze und Kurt Marti gewählt. Den Abschluss des Bandes bildet die literarisch-theologische Kontroverse zwischen Kurt Marti und Arnim Juhre über die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit heute noch Weihnachtsgeschichten zu schreiben.

Die kommentierte Textsammlung führt die Evangelienperikopen mit moderner Literatur zum Weihnachtsgeschehen zusammen. Sie eignet sich hervorragend für alle im Schuldienst Tätigen, die die Fächer Religion oder Deutsch unterrichten.

Barbara Wieland