Kompendium biblischer Theologie

Buchvorstellung - 10.07.2011

Angelika Berlejung (Hg.)
Christian Frevel (Hg.)
Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament
(HGANT)

Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2006
468 Seiten, XII +, 119,00€
ISBN 3-534-15138-0

Mit dem Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament (HGANT) beabsichtigen die Herausgeber nicht nur ein biblisches Fachwörterbuch, sondern auch ein Kompendium Biblischer Theologie vorzulegen. Der neueste Stand der Exegese soll u.a. Religionslehrern, Theologiestudierenden ebenso wie den in den Nachbardisziplinen beheimateten Fachkollegen vorgestellt werden. Kultur- und mentalitätsgeschichtliche Zusammenhänge sollen dabei ebenso berücksichtigt werden, wie der sprachliche, inhaltliche und theologische Zusammenhang von Altem und Neuem Testament (VII).

Das Handbuch ist in zwei Teile untergliedert. Es werden zunächst zwölf Dachartikel geboten, die zentrale Themen der Theologie essayartig entfalten (1-72). Es handelt sich dabei um Anthropologie (Christian Frevel), Eschatologie (Thomas Hieke), Ethik (Rainer Kampling), Geschichte/Geschichtsdarstellung/Heilsgeschichte (Ernst Axel Knauf, Jürgen Zangenberg), Gottesvorstellungen (Bernd Janowski, Klaus Scholtissek), Kult (Reinhard G. Kratz), Kultur und Mentalität (Klaus Neumann), Schrift/ Schriftverständnis (Hubert Frankemölle), Soteriologie (Joachim Kügler), Sozialstatus/Gesellschaft und Institution (Angelika Berlejung/Annette Merz), Weisheit/Gesetz (Thomas Krüger), Weltbild/Kosmologie (Angelika Berlejung). Die Autorenangaben zeigen an, dass nur in einigen Dachartikeln Altes und Neues Testament getrennt behandelt werden, die anderen bieten eine inhaltlichthematische Trennung. Im zweiten Teil werden in einem lexikalischen Aufbau zentrale Begriffsartikel geboten, die jeweils den Dachartikeln zugeordnet sind und diese vertiefen sollen (73-437). Während die Dachartikel „hintereinander gelesen ein Kompendium oder ein kurz gefasstes Lehrbuch der Biblischen Theologie“ bilden sollen, sollen die Begriffsartikel „für sich allein genommen ein biblisches Fachwörterbuch“ bilden (VIII). Neben den üblichen Registern findet sich ebenfalls ein Glossar, welches die Fachbegriffe erläutert, die in den Artikeln verwandt, aber nicht eigens als Begriffsartikel erläutert werden (439-444).

Dem Dachartikel Schrift/Schriftverständnis sind beispielsweise die Begriffsartikel Einheit/Vielheit, Evangelium, Exegese, Gotteswort, Hermeneutik, Intertextualität, Kanon, Mitte, Normativität, Offenbarung/Inspiration, Schreiben/Schrift, Tora, Tradition, Wahrheit zugeordnet. So bietet der Dachartikel Schrift/Schriftverständnis von Hubert Frankemölle einen ersten, sehr lehrreichen Zugang zur Kanonproblematik. Unter dem Punkt II. Zur theologischen Dignität der Schrift als Kanon heißt es, dass es den Kanon im strengen Sinne des Wortes in der jüdischen Theologie nicht gebe und Entsprechendes für ‚biblische Theologie’ und ‚kanonische Auslegung’ gelte. „Als christlicher terminus technicus aus dem Rechtswesen und für liturgische Rubriken im 4. Jh. n. Chr. entstanden, wurde er erst im 18. Jh. auf die heiligen Schriften der Bibel übertragen, setzte sich dann aber rasch durch. ‚Kanon’ im späteren Sinn des kodifizierten unabänderlichen Wortlauts auf die Zeit des NT oder gar der damaligen jüdischen Theologie zu übertragen, ist nicht nur anachronistisch, sondern auch sachlich unangemessen, da so christliche Begrifflichkeit anderen aufoktroyiert wird. Dies spricht nicht nur gegen die historische Wahrheit, sondern vor allem auch gegen jüdische und urchristliche Glaubensüberzeugungen.“ (43) Im entsprechenden Begriffsartikel Kanon bietet Frankemölle dann eine vertiefende Begriffserklärung. Frankemölle versteht es stets, die konfessionellen Unterschiede zu benennen und jüdische von christlicher Perspektive zu unterscheiden. „Für ein angemessenes Schriftverständnis unter Christen ist es nicht unerheblich, auf den unterschiedlichen Umfang des Kanons in der römisch-katholischen sowie orthodoxen Tradition und der reformatorischen, vor allem reformierten Kirchen hinzuweisen. Es gibt einen unterschiedlichen Umfang zwischen der jüdischen Sammlung heiliger Schriften und dem christlichen Kanon.“ (43, III: Zur Vorgeschichte des christlichen Kanons). Der Dachartikel und die Begriffsartikel von Hubert Frankemölle zeigen, dass der Anspruch der Herausgeber, in der Zweiteilung des Handbuches sowohl eine Biblische Theologie als auch ein Fachwörterbuch auf dem neuesten Stand der Exegese zu bieten, voll erfüllt wird. Das Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament stellt somit eine sinnvolle und wünschenswerte Ergänzung bisheriger Nachschlage- und Studienwerke dar. Nicht nur aufgrund der Lesefreundlichkeit sind dem Handbuch deshalb viele Leserinnen und Leser zu wünschen.

Matthias Blum (2007)

© www.biblische-buecherschau.de 2008
Katholisches Bibelwerk e.V. Stuttgart