Martyrium als Glaubensakt

Buchvorstellung - 08.07.2011

Roman A. Siebenrock
Christliches Martyrium
Worum es geht
Topos Tb. 662

Kevelaer: Verlagsgemeinschaft topos plus. 2009
103 Seiten 7,90 €
ISBN 978-3-8367-0662-9

Was ist Martyrium? Sind die Selbstmordattentäter des 11. September 2001 als Märtyrer zu bezeichnen? Der Innsbrucker Fundamentaltheologe Roman Siebenrock bemüht sich um eine Antwort aus der christlichen Tradition. Im Christentum gehört das Martyrium von Anfang an zu den Möglichkeiten der Nachfolge Jesu. Das „faszinierende und erschreckende Phänomen“, wie Siebenrock einführt, erwächst aus der Bereitschaft, sein Leben für einen anderen Menschen einzusetzen. Siebenrock sieht in der Geburt eines Kindes in der Einheit von Tod und Leben das „martyrologische Ur-Phänomen“.
 

Phänomenologisch und historisch nähert er sich seinem Thema an. Er sieht das Martyrium in einem Konflikt verschiedener Mächte verortet. Wichtig ist die Beziehung zur jeweiligen Glaubensgemeinschaft und die Haltung der sich opfernden Person. An vier Beispielen aus der christlichen Geschichte werden die unterschiedlichen Gesichter der Märtyrer illustriert. Aus der Alten Kirche ist es Polykarp, der von der „Gnade des Martyriums“ spricht und aus der Leidensgemeinschaft mit Christus seinen Weg geht. Das Martyrium des Täuferehepaars Margaretha und Michael Sattler ist ein Fanal für die Gewissens- und Religionsfreiheit, die in der katholischen Kirche erst mit dem Zweiten Vatikanum durchgesetzt wurde. Für das 20. Jahrhundert weist Siebenrock auf den seligen Franz Jägerstätter hin, in dessen Martyrium sich „die hellsichtige Freiheit des Subjekts im Protest gegen den totalitären Staat, die sich ganz der Verantwortung des eigenen Gewissens verdankt“, zeigt. Das jüngste Beispiel Siebenrocks für ein Martyrium ist dem Testament des 1996 entführten und ermordeten Priors des Atlasklosters der Trappisten in Algerien, P. Christian de Chergé, entnommen, das von großem Respekt für den muslimischen Glauben zeugt.

Siebenrock entwickelt aus dieser historischen Spurensuche Kriterien zur theologischen Einordnung des Martyriums. Ein Martyrium ist demnach ein freier Glaubensakt in der Nachfolge Jesu Christi, der nicht angstfrei ist, sondern eine sittliche Konsequenz des Glaubens ist, als Eintreten für Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden vollzogen wird, ein Bekenntnis zum Glauben und zur Kirche bedeutet, in diesem Sinne aber auch eine ökumenische Option für die Einheit der Kirche ist. Siebenrocks kleines Büchlein, das mit viel Engagement geschrieben ist, ist eine gute Hilfe zur theologischen Klärung der strittigen Fragen um das Martyrium im heutigen interreligiösen Gespräch.

Joachim Schmiedl

Quelle: Eulenfisch Literatur 4 (2011), Heft 1, S. 32.