Tradition des Christentums als Erzählgemeinschaft

Buchvorstellung - 03.04.2010

Melcher, Katrin
Kindern biblische Geschichten erzählen
Neue Grundsätze für den Religionsunterricht der
Grundschule
(Bibel – Schule – Leben, 7)

Berlin: LIT 2008
363 Seiten, € 39,90
ISBN 978-3-8258-1092-4

Als Religionslehrer(in) einer Grundschule kommt man am Erzählen biblischer Geschichten nicht vorbei. In ihrer in der Reihe „Bibel – Schule – Leben“ erschienenen Dissertation (Münster 2007) untersucht Katrin Melcher die Erzählkonzepte Steinwedes und Neidharts, die – obwohl bereits aus den 70er Jahren stammend – bis heute grundlegende Erzählkonzepte im Religionsunterricht darstellen.

Über eine allgemeine Begriffsbestimmung des Erzählens im alltäglichen
und sprachwissenschaftlichen Kontext, in der Schule sowie im Christentum und der Religionspädagogik, entwickelt sie eine Definition des Erzählens und begründet anschließend die theologisch fundierte Notwendigkeit des Erzählens biblischer Geschichten als ein Kernelement christlicher Tradition. Für GrundschullehrerInnen besonders interessant sind in diesem Zusammenhang Erläuterungen zu den Stufen des Glaubens nach Fowler und zu den Zielen des Erzählens im Religionsunterricht der Grundschule.

Die ausführliche Präsentation der Erzählkonzepte Steinwedes und Neidharts, der Vergleich beider, sowie die Weiterentwicklung dieser Ideen bei Tschirch und Baldermann geben dem Leser eine gute Übersicht zur Rolle der Erzählenden und die Regeln, die beim Erzählen einer Geschichte zu beachten sind. Hilfreich sind hier auch die Grafiken, die am Ende der jeweiligen Kapitel die präsentierten Informationen kurz zusammenfassen.

Ein besonderer Schwerpunkt des Buches liegt auf der Beschreibung der unter Verwendung von Leitfadeninterviews durchgeführten Untersuchung mit zwei vierten Klassen einer Grundschule, bei der die Schüler die Heilung des blinden Bartimäus nach beiden Erzählmethoden präsentiert bekamen. Es wird deutlich, inwieweit die einzelnen Methoden das Detailverständnis der Geschichte, die Empathie mit den Figuren und das Gesamtverständnis der Geschichte fördern. Ausgehend von der Auswertung der Daten ergibt sich die Folgerung, dass es nicht darum gehen könne, sich für eine der beiden Methoden zu entscheiden, sondern die Mitte zwischen „Texttreue“ (nach Steinwede) und „Phantasiearbeit“ („Ausschmücken“ nach Neidhart) zu finden. Zum Schluss entwickelt die Autorin eigene Grundsätze für das Erzählen im Religionsunterricht, die beide Zugänge vermitteln, um „eine Erzählung zu gestalten, in der die biblische Geschichte Mittelpunkt der Erzählung bleibt, und trotzdem die Gegenwartssituation und Verstehenswelt der Kinder berücksichtigt werden können.“ Ziel ist dabei, den Kindern Glaubensinhalte nahe zu bringen und die Tradition des Christentums als Erzählgemeinschaft zu bewahren. Das inhaltlich gut lesbare und für die Religionspädagogin nützliche Buch wurde an einigen Seiten fehlerhaft gebunden: Leerseiten zwischen: Seite 61/62, Seite 231/232, Seite 281/283 und Seite 305/306; doppelte Seite 259/260 und Seite 265/266.fordert und zum Weiterdenken und Weiterfragen einlädt.

Katharina Kasperczyk (2008)

Quelle: www.biblische-buecherschau.de 2008
Katholisches Bibelwerk e.V. Stuttgart