Begebenheiten aus der Bibel

Buchvorstellung - 01.06.2011

Uwe Birnstein
Das Beste aus der Bibel

Würzburg: Echter 2010
224 S. €12,00
ISBN 978-3-429-03211-1

Das Beste aus der Bibel versammelt Kolumnen aus der gleichnamigen Serie des evangelischen Theologen und Journalisten Uwe Birnstein, die seit 2008 wöchentlich im Sonntagsblatt Bayern erscheint. Dergestalt liest sich das Büchlein: Als bunte Sammlung kleiner Texte (um 500-1000 Zeichen), die auf einzelne Personen, Erzählungen oder Begebenheiten aus der Bibel hinweisen und Appetit machen sollen, die entsprechenden Stellen nachzulesen. Die Idee dahinter ist, dass sich die Bibel weder bei rascher noch bei fortlaufender Lektüre erschließt, sondern die Schätze, die sie birgt, erst bei einer gründlichen Suche gehoben werden können. So bieten sich Birnsteins Kurztexte als Schatzkarten an – oder wie es auf der Webseite des Sonntagsblattes heißt, als »Bibelkunde der besonderen Art«.

 

Die Frage ist, ob dieses Konzept aufgeht. In wöchentlicher loser Folge gelesen, mag das funktionieren (insbesondere, wenn Themen wie Die WM in der Bibel oder Was die Bibel über die Wiesn sagt die Aufmerksamkeit wecken), bei einer lectio continua stellen sich jedoch rasch Ermüdungserscheinungen ein. Sieben Kapitel gliedern das Buch: fromm & heilig, heldenhaft & mutig, skurril & wunderlich, sinnlich & erotisch, gesund & getröstet, böse und greulich sowie weise und erfahren und lassen nicht auf den ersten Blick erkennen, was hier behandelt werden wird. Unterkapitel differenzieren den Stoff mit Titeln wie Die bekanntesten Engel, die Männer berühmter Bibelfrauen, die haarigsten Geschichten, die besten Erotik-Tipps oder die abschreckendsten Alkoholgeschichten etwas feiner. Die Nomenklatur der einzelnen Sammlungen ist dabei nicht einer sachlich-informativen Auslegung untergeordnet, sondern dem Ziel, Interesse zu wecken.

Hermeneutisch problematisch ist indes, dass an vielen Stellen eher die Tradition in die Bibel hineingelesen als aus ihr abgeleitet wird, wie sich beispielsweise an den Texten zum Heiligen Geist oder zu Schutzengeln zeigt. Beim Versuch, biblische Texte ins Heute zu transportieren und so das kulturelle Erbe für den modernen Menschen zu erschließen, werden nicht nur Eintragungen in den Text vorgenommen – das ist bis zu einem gewissen Punkt legitim, die offenen Stellen der biblischen Text wurden zu allen Zeiten von den Rezipienten geschlossen –, problematisch ist die einseitige Lektüre, die teilweise gegen den Wortlaut liest und damit die Tradition nicht aktualisiert, sondern verfälscht. Das ist insbesondere ungünstig bei einer Publikation, die sich in einer niedrigschwelligen Art auch an Neu-oder Wiedereinsteiger wendet und Lust auf die Bibel wecken will. So fragt sich beispielsweise, ob die Liebe in der Bibel wirklich immer etwas mit Zärtlichkeit zu tun hat. Sozialgeschichtliche Untersuchungen insbesondere zum Alten Testament sprechen eine andere Sprache. Sind die Verhaltensregeln bei Tisch, die Jesus Sirach überliefert, tatsächlich – in moderner Form – in jeder Frauenzeitschrift zu finden oder wirkt eine solche Lesart angesichts von Schlankheitswahn und Bulimie nicht eher zynisch? Auf den zweiten Blick findet sich eine ganze Reihe solcher Stolpersteine, die zur Diskussion anregen. Das macht die Lektüre für biblisch versierte Leserinnen und Leser nicht immer erquicklich. Nicht nur, dass die Texte, auf die verwiesen wird, aufgrund des Gesamtkonzepts sehr eindimensional wahrgenommen werden; an einer Reihe von Stellen wird auch exegetisch Fragwürdiges, missverständlich Formuliertes oder schlicht Falsches dargeboten: So ist beispielsweise die Liaison von David und Batseba aus Batsebas Perspektive nicht zwangsläufig als Liebesgeschichte zu lesen, der unreine Geist in Mk 1,24 »raunt« nicht, sondern er schreit, die Erzählfigur Jona ist ziemlich sicher fiktiv und Titus ist nicht Autor, sondern Adressat des Titusbriefs. Ungenauigkeiten dieser Art nehmen dem Buch die Tiefe, indem sie es an vielen Stellen oberflächlich statt leicht wirken lassen.

Sandra Hübenthal

Quelle: Katholisches Bibelwerk e.V. Stuttgart, Biblische Bücherschau 5/2011