René Girard
Ich sah den Satan vom Himmel fallen wie einen Blitz
Eine kritische Apologie des Christentums
(Taschenbuch, 9)
Frankfurt am Main: Verlag der Weltreligionen 2008
254 S., €12,00
ISBN 978-3-458-72009-6
Der kontroverse Essay Girards (Erstedition 1999), sein Versuch, den menschlichen Gehalt der Offenbarung (S. 237) mit Hilfe der Mimetik zu erfassen, gleicht einem Hasard. Ausgehend von der jesuanischen Rede von den Ärgernissen wird der mimetische -satanische – Zyklus, der in den Opfer-/Sündenbockmechanismus mündet, als Ursprung aller menschlichen Kultur benannt. Für Girard entspricht der finale Furor der „Austreibung Satans durch den Satan“.
Seiner spekulativen Mythentheorie folgend, zieht er im Mittelteil Passion und Auferstehung Jesu in Parallele zur Struktur der Mythen: Lynchmord mit anschließender Divinisierung des unschuldigen Opfers. Die Lüge dieser Gründungsmorde wird durch das Kreuz Christi entlarvt, indem in den Evangelien der Opfermechanismus erstmals in der Geschichte sichtbar gemacht wird. Ob es René Girard gelingt, die grundlegende Differenz von Kreuzestod und Auferstehung Christi deutlich zu machen, bleibt den Lesern zu entscheiden.
Die Theorie der mimetischen Anthropologie, eine Engführung menschlichen Handelns auf das mimetische Prinzip, gießt Öl ins Feuer derer, die dem Menschen freien Willen absprechen wollen. Man wird Girards Ansatz jedoch auch nicht einfach hin negieren können. Seiner Perspektive auf die biblischen Erzählungen gebührt, abgesehen von den bisweilen im Dienst der Durchsetzung seiner Theorie vorgenommenen rüden Vereinfachungen, kritische Aufmerksamkeit.
Hannelore Niedermayer (2011)
Quelle: Katholisches Bibelwerk e.V. Stuttgart, Biblische Bücherschau 4/2011