Religiöses in der Popmusik

Buchvorstellung - 02.01.2009

Matthias Schröder
„God is a DJ”
Gespräche mit Popmusikern über Religion (Aussaat Taschenbuch)

Neukirchen-Vluyn: Aussaat Verlag. 2. Aufl. 2001
224 S. m. 18 Sw-Fotos, € 9.90
ISBN 3-7615-5019-7 Pick It!

Mit God is a DJ hat Matthias Schröder einen ersten Gesprächsband mit Popmusikern vorgelegt. In einfühlsamen, informativen und durchaus spannenden Gesprächen begab sich Schröder auf die Suche nach dem Religiösen in der Popmusik, auf gläubige Künstler wie Xavier Naidoo und mit Poppoeten von „Jazzkantine“. Seine besondere Leistung lag dar

„Mehr nicht?“ mag man sich fragen. So sind längere Gespräche heute vielfach der Häppchendramaturgie schneller Schnitte gewichen. Anders bei Schröder: Der Leser kann einem Gedanken folgen. Satz für Satz den Befragten besser verstehen, in seine Welt eintauchen. Für ältere Leser oft eine fremde Welt. Als Beispiel der überraschenden Sprache mag hier ein Auszug von Sven Regener (Element of Crime) dienen: „Wenn man schon Priester und Pastoren hat, Kirchen und Institutionen und eine Theologie, dann gebe ich auch voll auf die Zwölf: Sportsfreunde, vielleicht wäre es gar nicht schlecht, wenn ihr mal nächsten Sonntag auch wieder auftauchen würdet! Wenn ihr heiratet, wenn ihr Kinder kriegt und wenn ihr sterbt, dann kommt ihr zu uns – und ansonsten meint ihr, ihr könntet rumdödeln wie ihr wollt. Deshalb sind die Katholiken auch stärker, die halten ihren Laden besser zusammen.“ Deutliche Aussagen, für die mancher Lehrer „Prügel“ von seinen Schützlingen einstecken würde, vielleicht ausgelacht und dem Spott freigegeben. Noch deutlicher, ja richtig „konservativ“ wird Regener wenn es um moderne Einflüsse in den Kirchen geht. „Love Parade, ist doch eine Supersache – aber es ist eben die Love Parade. Jetzt in der Kirche Raves machen, das ist Bullshit, das braucht kein Schwein! Das kriegen die anderen allemal besser hin, da hat der Papst keine Aktien dran! Und der evangelische Landesbischof schon gar nicht. Aber was die wiederum hinkriegen, und das ist auch cool, sind ihre Kirchentage. Das sind ja auch irgendwie Mega-Raves. Das ist natürlich auch irgendwie cool, wenn zwanzigtausend Schwaben plötzlich in der U-Bahn stehen und alle gemeinsam singen. Nicht dass ich da jetzt ein Kunde für wäre, aber das hat Klasse. Das ist auch eine Form von Fun.“

Seinem Konzept bleibt er auch im zweiten Band treu, das er in Anlehnung an Madonnas legendären Song und besonders ihr umstrittenes, aber gleichzeitig zum Standard im Religionsunterricht gewordenen Video „Like a Prayer“ nennt. Neue Gespräche mit Popmusikern über Religion verspricht Matthias Schröder. Darunter sind diesmal unter anderem Michael Herberger und Rolf Stahlofen von den „Söhnen Mannheims“ (also ebenfalls aus dem „3-p“-Umfeld von Naidoo/Pelham), sowie Greg Hetson (Bad Religion). Was der Leser zu hören bekommt, sind religiöse Aussagen fernab von kirchlich-theologischer Formulierung und Denke. Vielleicht liegt darin die Chance, denn diese Sprache liegt vielleicht eher im Trend der Jugend? Unerwartet tappt der Leser dabei immer wieder auf kleine Glaubensbekenntnisse, Credos mitten in der Pop- und Rockindustrie.

Eine Lesermeinung auf der Verkaufshomepage „amazon“ fasst ihre Eindrücke überschwänglich zusammen: „Ein ums andere mal gerät man dabei wahrscheinlich selbst ins Grübeln und überlegt sich; Wer bin ich, Was bin ich, Wo bin ich?“ Fragen, die wie geschaffen für unterschiedlichste Fragen im Religionsunterricht sind. Beruhigend entkräftet der Rezensent auch die Frage vieler Kolleginnen und Kollegen, wenn er schreibt: „Und die Musiker brauch man auch nicht zu kennen...“ Die passenden CD’s können ja von den Schülern gleich mitgebracht werden. Doch genau darin liegt auch ein Problem, denn Musiker sind heute mehr denn je dem Zeitgeschmack unterlegen. Wer gestern bekannt war, ist heute vergessen, und so lässt das Interesse an manchem der vorgestellten Künstler wirklich nach.

Manchmal sitzt man aber auch ratlos-staunend vor dem Antworten. Etwa bei Oli Schneider (Such A Surge), offenbar einem fast schon überzeichneten Abbild einer verbreiteten diffusen Einstellung. Seine Antwort auf die Frage, ob er ein religiöser Mensch sei, ist aus Erwachsenensicht naiv und damit gleichzeitig ein wunderbarer Gesprächseinstieg: „Ich glaube, dazu müsste man halt erst einmal Religion für sich selbst definieren. Also, Religion hat ja auf jeden Fall etwas mit Glauben zu tun. Ich glaube schon, und das ist auch total wichtig, finde ich. Mein Glaube hat jetzt allerdings nicht unbedingt mit der Bibel zu tun, insofern bin ich jetzt kein kirchlich religiöser Mensch, sondern für mich hat eigentlich Religion oder Glauben einfach sehr viel mit Leben zu tun. Es sind sehr viele zwischenmenschliche Sachen: Familie z.B., Freundschaft oder auch der Glaube an sich selbst. Vor allem halt der Glaube daran, dass es irgendwie weitergeht.“

Vielleicht geht es ja auch mit Schröders Interviewreihe weiter? Die Liste der zu befragenden Künstler ist noch lang. Und, Hand aufs Herz, wer würde nicht gerne Dieter Bohlen und seinen „Superstars“ so manche Frage stellen? Vielleicht regen somit die beiden Bände auch dazu an, sich mit der Bedeutung von Religion und Kirche zu beschäftigen und per Internet und BRAVO auf die Suche nach Zitaten der aktuellen Stars zu gehen.

Marcus Leitschuh

Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 33 (2004), Heft 1, S. 49f.