Miedienbildung im Schulalltag

Buchvorstellung - 14.05.2011

Gerhard Tulodziecki/ Bardo Herzig/ Silke Grafe
Medienbildung in Schule und Unterricht
UTB 3414

Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt 2010
384 Seiten
ISBN 978-3-8252-3414-0

Das Autorenteam der Universität Paderborn legt unter dem Titel Medienbildung in Schule und Unterricht ein Lern- und Arbeitsbuch vor, das sich des Themas in einem weiten Verständnis von Medien und Bildung über zu unterscheidende Erfahrungsräume nähert. Eine erste Eingrenzung ermöglicht die Kategorie „technisch vermittelte Erfahrungsformen“.

In dessen Folge arbeitet Medienbildung mit einem Verständnis von Medien „als Mittler, durch die in kommunikativen Zusammenhängen potenzielle Zeichen mit technischer Unterstützung aufgenommen bzw. erzeugt und übertragen, gespeichert, wiedergegeben oder verarbeitet und in abbildhafter oder symbolischer Form präsentiert werden.“ Auf dieser Basis versteht sich das vorliegende Buch sowohl als informierende Lektüre als auch als fallbasiertes Werkbuch in der pädagogischen Ausbildung und für sie.

Die gut 350 Seiten Text sind in acht übersichtlich gegliederte und stringent aufgebaute Kapitel gegliedert, die sich über Begriffsdefinitionen, gesellschaftliche Rahmenbedingungen des Medienkonsums und der Medienentwicklung, lerntheoretische und entwicklungspsychologische Einlassungen und Inhaltsbereiche der Medienbildung dem Kern der Publikation widmen: Medienbildung im Kontext von Schule, Unterricht und anderen Bereichen pädagogischen Handelns. In diesen letzten drei Kapiteln wird das konkret, was vorher an systematischer Begriffsarbeit und Analyse vorbereitet und entwickelt worden ist.
Dabei geht das Autorenteam von einem Begriff von Medienbildung aus, der die Kompetenzbereiche Mediennutzung, eigene Mediengestaltung, Medienbewertung, Medieneinflüsse und gesellschaftliche Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung (Medientheorie, Mediensozialisation) einschließt.
Kapitel eins schafft Klarheit im Begriffsdschungel. Hier werden in überzeugend systematischer Weise Medienbereiche und Medienmerkmale unterschieden und Teilgebiete der Medienpädagogik begriffslogisch auch mit zu unterscheidenden Facetten bestimmt: Mediendidaktik, Medienerziehung, Medienkunde, Medientheorie, Medienforschung. Daraus werden Aufgaben für Schule und Unterricht bestimmt, die sowohl die Bedeutung und Nutzung der Medien für Lehr-Lern-Zusammenhänge im Fokus haben als auch die besonderen (gesellschaftlichen) Anforderungen an Erziehung und Bildung in diesem Bereich in den Blick nehmen. Medienbildung gibt diesem Aufgabenpool einen Namen. Nach Auffassung des Autorenteams „erlaubt es dieser Begriff, verschiedene medienpädagogisch bedeutsame Ansätze zusammenzuführen“ und erreicht gleichzeitig, „die Nutzung von und die Auseinandersetzung mit Medien in den Rahmen der allgemeinen Erziehungs- und Bildungsaufgaben von Schule zu stellen“.
Die folgenden Kapitel widmen sich dann einzelnen dieser Facetten, wobei Medien nicht auf ausschließlich digitale/neue Medien reduziert werden, diese aber in den Fallbeispielen – angesichts ihrer gesellschaftlichen Relevanz – eine bedeutende Stellung einnehmen.

Als Arbeitsbuch für die Ausbildung kommt der vorliegende Band nicht um den Aufweis (lern)theoretischer Ansätze und empirischer Belege herum, diese Passagen wertet ein informierter Leser gänzlich anders als jemand, der sich neu dieser Thematik nähert.
Spannend für alle werden dann wieder die Umsetzungsbeispiele (Kapitel 6) und die Plädoyers (Kapitel 8) für eine systematische und koordinierte Integration der Medienbildung in die Schulprogramme und Fachdidaktiken. Hier diagnostizieren die Autoren mitunter erheblichen Nachholbedarf in der Schul- und Ausbildungspraxis.
Auch die Medienkompetenz der Lehrkräfte bleibt im Blick und zwar in einer Weise, die m.E. wohltuend jenseits der Diskussionen um „Nachholbedarf“ und „Angst vor der größeren Schülerkompetenz“ liegt: „Für schulische Aktivitäten zur Medienbildung stellt es letztlich kein Problem dar, wenn Schülerinnen und Schüler sich möglicherweise in der Handhabung einzelner Medien und Programme besser auskennen als ihre Lehrperson. Im Gegenteil – in einem konstruktiven Lernprozess sollten … (beide, F.W.) … die Möglichkeit haben, in sachbezogener Weise ihre besonderen Stärken zur Geltung zu bringen und gemeinsam zu lernen.“ Solches Rollenverständnis muss in der Ausbildung als Selbstkonzept grundgelegt werden, nur so ist ein neues Lernen mit (neuen) Medien sinnvoll.
Die Plädoyers münden in ein Kompetenz-Standard-Modell für die Medienbildung (Anhang), das in drei Niveaustufen Medienbildung bis zum Ende der Sekundarstufe konkretisiert. Die Kompetenzbereiche beziehen sich auf die in Kapitel 6 schon in Unterrichtsbeispielen konkretisierten Kategorien der Medienbildung. Nimmt man die Standards und Niveaustufen als Zielmargen der Medienbildung in den Schulen, bleibt m.E. noch ein weiter Weg vor uns, der mit dem vorliegenden Buch aber wertvolle Unterstützung erfährt, vor allem auch dadurch, dass der Klinkhardt-Verlag plattformgestützt Zusatzmaterialen zur Verfügung stellt. Über die Homepage des Verlages erreichbar, liegen dort anregende und ermutigende best-practise-Beispiele, die die theoretischen Einlassungen auf die konkrete Schulpraxis herunterbrechen und für den eigenen Arbeitskontext als Ideengeber dienen können. Ferner finden sich dort ein erweitertes Literaturverzeichnis und wertvolle Links für weiterführende Frage- und Problemstellungen. Damit erfährt das in den Kapiteln 6-8 immer wieder angemahnte koordinierte Vorgehen in der Erarbeitung eines Medienkonzeptes eine beispielgebende Performanz, wenn über unterschiedliche Medienformate gemeinsame Ziele verfolgt werden können.

 

Frank Wenzel