Systematische Theologie aus Sicht des Protestantismus

Buchvorstellung - 22.01.2009

Hermann Deuser
Kleine Einführung in die Systematische Theologie
(UB 9731)

Stuttgart: Verlag Ph. Reclam. 1999
204 S., EUR 5.10
ISBN 3-15-009731-2

Der Begriff der „Systematischen Theologie“ hat sich, von der katholischen Theologie kommend, auch bei den Protestanten eingebürgert. Im Anhang erklärt Deuser die verschiedenen theologischen Disziplinen und weist der Systematischen Theologie die Religionsphilosophie, die Dogmatik sowie die Ethik (Religionswissenschaft) zu. In der katholischen Theologie würde statt der Religionsphilosophie, die eine eigene Stellung einnimmt, die Fundamentaltheologie zu nennen sein.

Es wäre sinnvoll gewesen, die Übersicht an den Anfang zu stellen. Dort formuliert Deuser im Vorwort als sein Ziel, „das Gesamtgebiet der protestantischen Dogmatik in einem Überblick ... darzustellen.“ (S. 11) Der Leser fragt sich, weshalb das Buch dann nicht „Kleine Einführung in die Dogmatik“ heißt, zumal religionsphilosophische und ethische Fragestellungen in der Darstellung nur gestreift werden.

Diese gliedert sich mit „Gott“, „Schöpfung und Passion“ sowie „Geistesgegenwart“ in drei Teile, die ihrerseits in je vier Paragraphen untergliedert sind. In Teil I sind dies: § 1 Theologie, Religion, Kirche, § 2 Autorität, Text, Offenbarung, § 3 Gott der Schöpfer, § 4 Trinität, in Teil II: § 5 Natur und Menschen, § 6 Mensch und Sünde, § 7 Jesus Christus, § 8 Reich Gottes, in Teil III: § 9 Glaube und Rechtfertigung, § 10 Hoffnung und Freiheit, § 11 Liebe und Gottes Geist, § 12 Geistesgegenwart und Kirche.

Recht nachvollziehbar ist diese Einteilung nicht, weil zwischen dem ersten und dritten Teil eigentlich „Jesus Christus“ zu erwarten wäre. Dieser Titel findet sich aber in Teil 2 nur als einer von mehreren Unterpunkten. Das Thema Schöpfung, das nun im Titel des zweiten Teils genannt wird, war zudem schon Thema in „Gott der Schöpfer“ als Unterpunkt von Teil 1.

Der Buchtitel ist neben dem oben Genannten noch aus einem weiteren Grund missverständlich. Deuser schreibt S. 9, „im Zentrum steht hier die protestantische oder reformatorische Auffassung der Theologie“. Das ist untertrieben, denn diese Auffassung dominiert so sehr, dass sie sich im Titel hätte niederschlagen müssen. Deuser schreibt ganz dogmatisch aus protestantischer Sicht. Man kann nicht sagen, dass es ihm nicht gelingt, denn er hat offensichtlich gar kein Interesse daran, katholische Positionen angemessen einzubeziehen. Der Verzicht auf katholische Autoren geht soweit, dass sich die Frage nach der Wissenschaftlichkeit dieser Arbeit stellt. Ist es wirklich möglich, in der Darstellung der Trinitätslehre völlig an Karl Rahner vorbeizugehen? Ist es möglich, in einer Dogmatik, auch wenn sie von einem protestantischen Theologen stammt, dessen Namen nicht ein einziges Mal zu nennen, nicht einmal in den Literaturhinweisen? Und: Wie kann es sein, dass ein Systematiker von dem hervorragenden und allseits gelobten Buch von Hans Kessler, „Sucht den Lebenden nicht bei den Toten“, nicht einmal Notiz nimmt?

Insofern katholische Positionen wahrgenommen werden, sind es lehramtliche, mit denen der Autor aber, wie in seiner Argumentation gegen die Konzilsaussage von der zweifachen Gotteserkenntnis in dei verbum, nur ganz oberflächlich umgeht.

Das alles erklärt sich wohl nur aus einer Geisteshaltung, die sich in folgendem Text spiegelt, in dem Deuser eine eigene Aussage mit einem Luther-Zitat verbindet: „Die ‘göttlichen Dinge’ zeigen sich in kirchlicher Gestalt als geschichtlicher Prozeß unter menschlichen Bedingungen, weshalb auch im Falle der Kirchen über die Realisierung des wahren Glaubens niemals absolut und unfehlbar zu befinden ist. – ‘Da nun der Teufel sah, daß Gott eine solche heilige Kirche bauet, feiert er nicht und bauet seine Kapellen dabei.’“

Das Buch enthält gewiss viel Bedenkenswertes, eignet sich aber aufgrund der dargestellten Mängel nicht für eine Empfehlung.

Walter Lütgehetmann

Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 33 (2004), Heft 2, S. 112f.