Johann Figl (Hg)
Handbuch Religionswissenschaft
Religionen und ihre zentralen Themen
Innsbruck-Wien: Tyrolia-Verlag / Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 2003
880 S., EUR 79.00
ISBN 3-7022-2508-0 Tyrolia / 3-525-50165-X Vandenhoeck & Ruprecht
Der interreligiöse Dialog steht auf der Tagesordnung, in Zukunft noch mehr – der Dialog des Lebens, der Dialog der Zusammenarbeit und des gemeinsamen Handelns, der Dialog durch Verständigung im intellektuellen Austausch, der Dialog der spirituellen Erfahrungen. Da braucht es dringend Grundlagen, Werke zur Information und Orientierung. Der Reiz dieses Handbuches, an dem 32 Fachleute mitgewirkt haben, besteht darin, die Darstellung der Religionen in Geschichte und Gegenwart engstens mit Basisinformationen über zentrale übergreifende Themen zu verbinden, zugleich also historische wie systematisch-vergleichende Perspektiven zu verfolgen.
Was sonst oft auseinanderfällt – Anhäufung von bloßem Faktenwissen hier und grundsätzlich spekulative Reflexion dort –, wird hier im Ansatz schon verknüpft; dank der exzellenten Register ist so in der Tat ein Arbeitsbuch entstanden, das gründlich und handlich genug ist, um den Charakter eines Standardwerkes zu erlangen.
Der Herausgeber, Wiener Religionswissenschaftler von Rang, führt eingangs in Geschichte und Profil der Religionswissenschaft ein, auch hier historische und systematische Fragestellungen verknüpfend. Wichtig sind vor allem die Hinweise über das Verhältnis der Religionswissenschaft zu den Human- und Kulturwissenschaften sowie natürlich zur Religionsphilosophie und Theologie. Der Abschnitt über den Religionsbegriff präzisiert den Gegenstandsbereich und hilft zur Orientierung im oft nebulosen Sprachgebrauch der Gegenwart. Insgesamt fällt (mir) auf, dass der klassischen Frage nicht nur nach Wesen, sondern eben auch nach dem Unwesen von Religion (Bernhard Welte) kaum Raum gegeben wird. Dabei kommt ja der selbstkritischen Unterscheidung von Idealität und Realität der jeweiligen Religion im Blick auf ihre konkrete Geschichte und Gegenwart besondere Bedeutung zu.
Im ersten Teil wird die Ahnengalerie von vergangenen Religionen fachkundig vorgestellt – angefangen beim alten Ägypten bis zu den Azteken. Breiteren Raum nimmt selbstverständlich der ebenfalls fachkundige Blick auf die „Religionen der Gegenwart“ ein – bis hin zu Reflexionen über „Neue Religionen“ und „Alternative Formen des Religiösen“. Solche Reflexionen dürften gerade für den Religionsunterricht von Bedeutung sein (vgl auch das Handbuch: Panorama der Neuen Religiosität, Gütersloh 2001).
Im zweiten Teil werden zentrale Themen der Religionen und der Religionswissenschaft in systematischer und komparativer Weise erschlossen: Vorstellungen absoluter bzw. göttlicher Wirklichkeit (Gottesbilder), Schöpfungs- und Jenseitsvorstellungen etc. Neueren kulturwissenschaftlichen Ansätzen entsprechend, wird den „Praxisdimensionen“ wie Ritual, Opfer, Meditation, Mystik und Ethik viel Aufmerksamkeit geschenkt. Unter der Rubrik „Gesellschaftliche und rechtliche Dimensionen“ wird die Gender-Frage diskutiert, das Verhältnis von Religionsfreiheit und Menschenrechten, die jeweilige Einstellung zu Natur und Technik etc.
Angesichts der immensen Materialfülle ist die Konzentration auf einige wesentliche Gesichtspunkte oberstes Gestaltungsziel. Viele Querverweise zwischen den einzelnen Artikeln, Angaben zu weiterführender Literatur und nicht zuletzt die Register helfen und motivieren zur Vertiefung und Weiterarbeit. Für den religionspädagogischen Alltag ist nicht zuletzt der Abschnitt über „Religionen – Didaktik“ wichtig. Kurzum: Dieses empfehlenswerte Handbuch sollte in keiner Lehrerbibliothek fehlen; damit lassen sich grundlegende Fragestellungen erarbeiten und eigene Wissenshorizonte erweitern; auch für die schnelle Konsultation löst es seinen Anspruch voll ein, wortwörtlich „Handbuch“ zu sein.
Gotthard Fuchs
Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 33 (2004), Heft 2, S. 110f.