Uri Orlev
Lauf, Junge, lauf
Weinheim – Basel: Beltz & Gelberg in der Verlagsgruppe Beltz 2004
228 Seiten, € 14,90
ISBN 3-407-80925-5
„Lauf, Junge, lauf“, sagt eine Frau zu Srulik alias Jurek Staniak, als sie ihm nicht mehr helfen kann. Und Jurek läuft. Seit er nach dem spurlosen Verschwinden der Mutter und der Verhaftung des Vaters 1943 aus dem Warschauer Ghetto geflohen war, schlägt er sich in den polnischen Wäldern durch. Er findet hilfsbereite Menschen und verliert sie wieder, wird verraten und verkauft an die Gestapo, kommt aber auf wundersame Weise immer wieder frei, verdingt sich auf Bauernhöfen, verliert bei einem Unfall eine Hand. Er nimmt die Identität eines katholischen polnischen Jungen an und überlebt auch, weil er sich vieler katholischer Alltagsrituale bedienen kann. Trotzdem verrät ihn seine beschnittene Vorhaut als jüdisches Kind.
Uri Orlev hat die authentische Geschichte des Joram Friedmann zu einem wunderbaren Roman geformt – geschrieben streng aus der Perspektive des achtjährigen Analphabeten und Überlebenskünstlers, der viel fragt, schnell lernt und manches unverstanden hinnehmen muss, weil es in seiner Ungeheuerlichkeit auch nicht zu verstehen ist. Die Guten sind nicht immer gut, die Bösen nicht immer böse. Woran wird sichtbar, ob einer hilft oder verrät, warum einer etwas tut, und was einen bewegt, auch große Risiken auf sich zu nehmen? Am Ende muss der Junge nicht weiter davonlaufen. Er kann innehalten, sich an das Gesicht seiner Mutter erinnern und seinen Namen und seine Identität wieder finden.
Dieses Buch wird von der Jury des „Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreises 2005“ besonders empfohlen.
Quelle: Deutsche Bischofskonferenz, Arbeitshilfe 192 (2005), S. 15.