Bernd Kollmann
Die Jesus-Mythen
Sensationen und Legenden
Freiburg u. a.: Verlag Herder 2009
200 Seiten mit Abb. 12,95 Euro
ISBN 978-3-451-32189-6
Der evangelische Neutestamentler der Universität Siegen wendet sich mit diesem Buch jenen „atemberaubenden Enthüllungen“ zu, mit denen „bevorzugt zu Weihnachten und Ostern … Printmagazine, Radiofeatures und Fernsehdokumentationen“ aufwarten. Ziel des Buches ist es, sich mit diesen Sensationen, „biblischen Themen von einer anderen Seite, als es sonst meist der Fall ist“, anzunähern, wobei Kollmann zu zeigen versucht, dass auch dies „eine spannende und faszinierende Sache sein kann“.
Dieses Ziel hat Kollmann erreicht, denn in gut lesbarer und verständlicher Sprache stellt er in kurzen, in sich stehenden Kapiteln, deren Reihenfolge sich „locker am Ablauf seiner [= Jesu] Lebensgeschichte“ ausrichtet, die unterschiedlichsten Sensationen und Enthüllungen über Jesus übersichtlich und nachvollziehbar dar, sodass man das Buch fast wie einen spannenden Roman in einem Zug durchlesen, es aber auch wie ein Lexikon gezielt bei nur einem Thema zurate ziehen kann.
Von den insgesamt 25 Kapiteln ist das erste ein allgemeiner, einleitender Überblick und das letzte ein kurzer, abschließender Epilog, die als Rahmen so unterschiedliche Themen wie apokryphe Kindheitsevangelien, das angebliche Familiengrab Jesu oder auch Bücher wie das „Sakrileg“ auf der einen Seite und etwa „das ,Jesus-Boot’ aus dem Kibbuz Ginnosar“ oder das Grabtuch von Turin auf der anderen Seite einfassen. Die Kapitel sind so aufgebaut, dass zunächst die Sensation und wie es dazu kam, mit allen notwendigen Informationen geschildert wird. Anschließend werden die historischen Hintergründe geliefert, um das Ganze einordnen zu können, sodass die sich anschließende Bewertung nachvollziehbar wird. Alles das geschieht auf so gefällige und voraussetzungslose Weise – so wird etwa der Inhalt des Romans „Sakrileg“ genauso geschildert wie ein Abschnitt aus dem NT –, dass ein breites Publikum den Darstellungen Kollmanns folgen kann.
Dem Autor ist damit gelungen, die Sachverhalte genauso spannend und packend wie die Medien zu schildern, aber wissenschaftlich fundierter als dort. Der freilich nirgendwo erwähnten, aber aus der Art des Buches sich ergebenden Ausrichtung auf diejenigen, die die Jesussensationen der Medienwelt begierig verschlingen (es kommt ohne Anmerkungen aus; der Titel bleibt im Rahmen des Sensationellen usw.), ist es wohl (leider) geschuldet, dass etwa bei Hinweisen auf antike Autoren keine Quellenangaben stehen, und es auch kaum deutlichere Verweise auf Literatur gibt, bei der man die Argumentation ausführlicher begründet vertiefen kann – die am Ende des Buches beigegebene „Ausgewählte Literatur“ ist dafür meist zu unbestimmt und nennt häufig nur die Sensationsliteratur.
So bleibt lediglich die kritische Frage, ob es sinnvoll ist, abwegige Fantasieprodukte z. B. mit dem Boot vom See Genesaret oder dem Grabtuch von Turin unterschiedslos nebeneinanderzustellen, und drei doch schwerwiegendere Druckfehler (S. 98.180.192). Doch können diese kleinen Kritikpunkte den Wert dieses informativen und gleichzeitig unterhaltsamen Buches kaum schmälern.
Sebastian Schneider
Quelle: Eulenfisch Literatur 3 (2010), Heft 1, S. 4. [Literaturbeilage von Eulenfisch. Limburger Magazin für Religion und Bildung]