Kirchenraum und seine Geschichte

Buchvorstellung - 13.05.2010

Franz-Heinrich Beyer
Geheiligte Räume
Theologie, Geschichte und Symbolik des Kirchengebäudes

Darmstadt: Wissenschaftl. Buchgesellschaft. 2008
231 Seiten mit 56 Fotos 49,90 Euro
ISBN 978-3-534-20480-9

Publikationen zum Verständnis von Kirchenräumen und zu Kirchenführungen (Kirchenraumpädagogik) sind derzeit gerade im religionspädagogischen Kontext gefragt und gesucht. Aber auch die Fragestellungen zur Umnutzung von Kirchenräumen und gar zu deren Abriss häufen sich. Da könnte ein Buch, das den Kirchenraum und seine Geschichte ins Auge fasst, gerade zum richtigen Zeitpunkt Leserinnen und Leser finden.
 

Das vorliegende Buch von Franz-Heinrich Beyer, Professor für Praktische Theologie an der Ev. Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, ist verdienstvoll, da es eine knappe Gesamtdarstellung der Geschichte des Kirchenbaus, des Synagogenbaus und als Exkurs mit 11 Zeilen sogar den Moscheenbau in Deutschland darlegt, die einzelnen Ausstattungsstücke der evangelischen, katholischen Kirchen und synagogalen Bauten breit in den Blick nimmt und besonders die lutherischen und reformierten evangelischen Unterschiedlichkeiten einbezieht. Dabei betont der Autor die geschichtliche Abfolge der Bautypen und Ausstattungen weitgehend vom Mittelalter und weniger breit bis in die Moderne. Theologische Fragestellungen werden vom Autor weitgehend berücksichtigt, hängt doch die Ekklesiologie, das Sakramentenverständnis und die christliche Frömmigkeit eng mit dem Kirchenbau zusammen. Dasselbe gilt auch für Synagogen und Moscheen. Weniger stark spricht der Autor von der Symbolik der Gebäude. Klarer ist da schon der Covertext auf der Rückseite des Buches, wo es heißt: „Dieser illustrierte Überblickband zum Kirchengebäude bietet eine theologische, liturgische und baugeschichtliche Gesamtdarstellung der Entwicklung des Kirchenbaus“.

Das Inhaltsverzeichnis weist eine eher schmale Einführung zu Grundfragen des Kirchen- und Synagogengebäudes und seiner frühen Baugeschichte auf (11-32). Danach folgt die Geschichte der Gebäude im Mittelalter bis in die konfessionelle Zeit (18. Jh.) (33-139). Es folgen 30 Seiten zum Synagogen- und Kirchenbau unter konfessioneller Rücksicht bis 1918. Die moderne Baugeschichte bis in die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts beschließt das Buch (176-201).
Das Buch hat bei aller verdienstvollen Darstellung einige Mängel: Bei einem Preis von € 49.90 sind die altbackenen fotografischen Schwarz-Weiß-Beispiele, weitgehend aus Archiven, der visuellen Aufnahme des Buches sehr hinderlich. Sollten Autor und Verlag mit diesem Bildmaterial auf Authentizität zielen, so hätte dies dem Leser oder der Leserin gegenüber argumentativ gerechtfertig werden müssen. Mann und Frau fragen sich deshalb, wie Autor und Verlag eine derartig langweilige Bebilderung verantworten. Auch das Layout des Textes hält moderner Gestaltung nicht stand und verführt nicht gerade zum begeisterten Lesen. Merkwürdig scheint auch der Untertitel des Buches, der auf die Theologie, Geschichte und Symbolik des Kirchengebäudes zielt. Warum Autor und Verlag die Synagogen (und Moscheen) zu den Kirchengebäuden zählen, bleibt eine peinlich unbeantwortete Frage.

Wahrscheinlich wurde von Autor und Verlag zu viel an Erwartungen in ein Buch gesteckt: Wissenschaftliche Abhandlung, Lehrbuch für Studenten der ev. Theologie und populärwissenschaftliche Darstellung für sonstig Interessierte ist vielleicht doch recht viel zwischen zwei Buchdeckeln. Hier hätte man sich entscheiden sollen, welche Zielgruppe gemeint ist. Das sehr ausführliche Literaturverzeichnis ist für Diplom- und Staatsexamensarbeiten eine sehr hilfreiche und beim Schreiben einer Prüfungsarbeit eine richtige Fundgrube. Von einem Lehrstuhlinhaber für Praktische Theologie wünschte sich die Leserin und der Leser doch etwas mehr publikationsorientierte Praxisorientierung.

August Heuser

Quelle: Eulenfisch Literatur 2 (2009), Heft 1, S. 14f. [Literaturbeilage von Eulenfisch. Limburger Magazin für Religion und Bildung]