Überblick Kirchengeschichte

Buchvorstellung - 11.05.2010

Manfred Eder
Kirchengeschichte. 2000 Jahre im Überblick

Düsseldorf: Patmos Verlag. 2008
260 Seiten 18,00 Euro
ISBN 978-3-491-70411-4

Kein Zweifel – Grundrisse und Überblick decken neben den eher methodisch ausgerichteten Einführungen das Grundbedürfnis eines beginnenden Studiums nach sicherem Wissen, von dem aus man einordnen, sich spezialisieren und in Frage stellen kann. Insofern ist der von Manfred Eder unternommene Streifzug durch die knapp 2000-jährige Kirchengeschichte nicht von vornherein unstatthaft und auch die Frage, ob es nicht schon genug solcher Überblicke gibt, ist müßig.

Denn die Forschung leistet die Kommunikation ihres Gegenstandes in ihre Gegenwart und ist deshalb prinzipiell unabgeschlossen; dem müssen Überblickswerke Rechnung tragen. Umso aufschlussreicher ist daher Eders ohne Not gelieferte Rechtfertigung seines Werkes als Lückenschluss. Alles Existierende hält er für zu umfangreich, zu unübersichtlich oder zu textlastig, und dem rückt er mit den konzeptionellen Ideen der „bunteren“ unter den populären Wissensreihen zu Leibe.

Dazu gehören die eng begrenzte Seitenzahl und der Verzicht auf Fußnoten genauso wie die aufgelockerte Umschlaggestaltung, die in den Textfluss eingebauten, gut ausgewählten Bilder, Graphiken und (leider sehr kontrastarmen) Karten und fast penetrant gehäufte Hervorhebungen im Text. Kurzum, das Buch ist niederschwellig in seinem Anspruch, einladend in seiner Aufmachung und zudem klar gegliedert. Nützlich sind außerdem das umfangreiche Register und ein Literaturverzeichnis, das sich zwar auf das Allerwichtigste beschränkt, aber hilfreich kommentiert ist. Hier liegen die Stärken des Buches. Problematisch wird es aber inhaltlich und konzeptionell, sobald man genauer hinschaut. Ohne ihn explizit zu nennen, bestimmt Eder apodiktisch das überkommene heilsgeschichtliche Konzept Hubert Jedins zur wissenschaftstheoretischen Grundlage der Kirchengeschichte.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht unbedingt, dass Eder die Evangelien als historischen Steinbruch benutzt und mitteilt, wie Jesus das Gottesreich verstand, dass er anachronistisch von einem „Staat“-Kirche-Verhältnis unter Karl dem Großen schreibt oder dass er die Waldenser in die „Nachfolge“ der Katharer stellt. Ähnlich erinnert es auch an eine Geschichtsschreibung von vor 50 Jahren, wenn die Sachsenkriege des Karolingers als eine dem Grenzverlauf geschuldete Zwangsläufigkeit schnell erklärt sind und die sozialgeschichtlichen Gründe der Kreuzzugsbewegung zugunsten einer knappen Ereignisgeschichte unter den Tisch fallen. Im Gegensatz zu den Abschnitten über die Alte und mittelalterliche Kirche sind die Kapitel zur Neuzeit für die Kürze der Darstellung angenehm differenziert. Insgesamt könnte Eders kenntnisreiches und ambitioniertes Buch bei einer Überarbeitung der vorderen Teile ein preiswertes Standardwerk für das kirchengeschichtliche Basiswissen werden; bis zur zweiten Auflage bleiben die „zu textlastigen“ Alternativen aber empfehlenswerter.

Michael Habersack

Quelle: Eulenfisch Literatur 2 (2009), Heft 1, S. 12. [Literaturbeilage von Eulenfisch. Limburger Magazin für Religion und Bildung]