Betrachtungen zu Bildern von Andreas Felger

Buchvorstellung - 03.05.2010

Norbert Lammert (Hg.)
So sehe ich die Bibel
Persönliche Einblicke in das Buch der Bücher
Aquarelle und Skizzen von Andreas Felger

Hünfelden: Präsenz Kunst & Buch Gnadenthal / Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2008
68 Seiten 29,90 Euro
ISBN 978-3-87630-069-6 Präsenz / 978-3-438-04830-3 Bibelgesellschaft

„Persönliche Einblicke in das Buch der Bücher“ heißt es im Untertitel des vorliegenden Bandes. Diese persönlichen Einblicke beziehen sich gleichermaßen auf die 32 Aquarelle und Skizzen Andreas Felgers wie auch auf die sie betrachtenden Texte der Interpreten. „Bilder zur Bibel?!“ mag der Betrachter fragen, „Texte zur Bibel und ihre Auslegung?“ der Leser. Beides! Biblischer Text (nach der Lutherbibel), Bild, Auslegung: Dieser Dreischritt ergänzt sich vorzüglich miteinander.
 

Die biblischen Bilder Andreas Felgers erschließen sich dem Betrachter keineswegs immer auf den ersten Blick. Sie sind eben keine einfachen Illustrationen zu einem biblischen Text. Aber sie beginnen immer stärker zu sprechen, wenn man den ihnen gegenübergestellten Bibeltext mit dem einen drucktechnisch herausgehobenen Satz daneben liest. Felger erreicht, dass Betrachter und Leser sich mit seinen Bildern und dem Text auseinandersetzen, dass sie dabei versuchen, sich in die Spiritualität des Künstlers hineinzudenken, sich darin zu vertiefen. Das gelingt, wie gesagt, nicht immer auf Anhieb, aber die Bilder – jedes einzelne für sich und alle zusammen – lassen einen so leicht auch nicht wieder los. Man wird – so ist es dem Rezensenten ergangen – immer wieder danach greifen, sie aufs Neue betrachten, die Aquarelle und Skizzen mit ihren figürlichen und abstrakten Motiven erkunden. Und man sollte dies bewusst getan haben, bevor man sich dem einzelnen, jeweils betrachtend erläuternden Text eines der 32 Interpreten zuwendet.

Liest man die am Ende des Bandes abgedruckten „Viten“ der Frauen und Männer, die hier über ein Bild Felgers nachgedacht und geschrieben haben, wird man überrascht sein von der Vielfältigkeit der unterschiedlichen Herkunft, der Verschiedenheit der Ämter, Berufe, eigenen Aufgabenstellungen der Autorinnen und Autoren. Dies alles beeinflusst, wie man bei der Lektüre immer wieder feststellen wird, auch das Verständnis und die Auslegung von Text und Bild. Jeder auf seine Weise hat versucht, sich vom Gegebenen dazu anregen zu lassen, sein Verständnis der bildlichen Darstellung biblischer Szenen durch Andreas Felger korrespondierend mit der biblischen Perikope herauszuarbeiten. So sind Texte entstanden, die nicht einfach durch ein Bild angeregte Textinterpretationen sind, sondern vielfach überraschende, neue und moderne Textauslegungen bieten. Dabei ist – das sei gesondert festgehalten – jede einzelne Bild- und Textbetrachtung die sehr eigene Sichtweise der jeweiligen Verfasserin, des Verfassers.

Friedrich Hofmann bietet in der Einleitung zu diesem Band unter dem Titel „Bilder zur Bibel“ eine geraffte Einführung in die Entwicklung des biblischen Bildes über die Jahrhunderte hinweg bis zur Gegenwart. Abgerundet wird alles durch einen Aufsatz Wilfried Setzlers „Die Kunst von Andreas Felger“, in dem er dessen Entwicklung, seine Vielfältigkeit in der Verwendung unterschiedlicher Materialien für seine Arbeiten und seine Verschiedenheit der Darstellungsformen aufzeigt. Ein „Nachwort“, betitelt „Die Kraft der Bilder“, von Thomas Broch, versucht herauszuarbeiten, dass und wie Bilder in unserem Lebenslauf bestimmte, teils sogar bestimmende Aufgaben übernehmen. Die o. a. „Viten“ und ein Kurzinterview mit Andreas Felger zu seiner künstlerischen Arbeit in Bezug auf seine biblischen Darstellungen, besonders im Hinblick auf die von ihm mit 171 meist ganzseitigen Aquarellen und 106 Skizzen bebilderte große Bibelausgabe „Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luther“ (Hünfelden/ Stuttgart. 2008), runden das Werk ab.
Dieser vorzüglich ausgestattete Band erhält seine eigene Prägung gleichermaßen durch die Aquarelle und Skizzen Andreas Felgers wie durch die Auslegung der biblischen Texte und Bilder durch sehr eigenständige Interpretinnen und Interpreten. Leser und Betrachter werden aus dieser Zusammenarbeit zahlreiche für sie neue Denkanstöße für einen tieferen Zugang zur Bibel finden, zu Bibeltexten und den Bibelbildern von Andreas Felger.

Bernhard Merten

Quelle: Eulenfisch Literatur 2 (2009), Heft 1, S. 5f. [Literaturbeilage von Eulenfisch. Limburger Magazin für Religion und Bildung]