Formen der Religionskritik in der Antike

Buchvorstellung - 10.07.2010

Ulrich Berner/ Ilinca Tanaseanu-Döbler (Hg.)
Religion und Kritik in der Antike
(Religionswissenschaftliche Studien 7)

Münster: LIT 2009
170 Seiten, € 24,90
ISBN 978-3-8258-1413-7


Der Band verdankt sich einer Jahrestagung der Deutschen Vereinigung für Religionswissenschaft vom 25.-29. September 2005 in Bayreuth und befasst sich in Fallbeispielen aus der Antike mit verschiedenen Formen der mit Religion verbundenen Kritik.

Der Band verdankt sich einer Jahrestagung der Deutschen Vereinigung für Religionswissenschaft vom 25.-29. September 2005 in Bayreuth und befasst sich in Fallbeispielen aus der Antike mit verschiedenen Formen der mit Religion verbundenen Kritik.

Der erste Beitrag (Günther Lorenz, S. 17-28) thematisiert anhand des Corpus Hippocraticum den Konflikt zwischen Naturwissenschaft und Religion. Der Autor des CH unterstellt am Beispiel der heiligen Krankheit (Epilepsie) seinen Gegnern nicht Atheismus sondern setzt deren Glauben an Götterzorn einen sublimierten Gottesbegriff entgegen. Dazu kommt ein Kulturkonflikt, da die wissenschaftliche und magische Vorstellung nach Ägypten führen und im griechischen Kontext unterschiedlich rezipiert werden.
Jens Holzhausen geht der Götterdarstellung des Euripides nach (S. 29-38), wobei seine Dramen eher als Belege für religiöse Positionen und die Rolle religiöser Konzepte in ethischen Konflikten im Athen des 5. Jh. v. Chr. zu verstehen sind denn als seine eigene religiöse Positionierung, wodurch es wahrscheinlich wird, Euripides als Agnostiker zu verstehen.
Ulrich Berner kommt in seinem Beitrag zum Skeptizismus (S. 39-59) zu dem Ergebnis, dass die in hellenistischer Zeit verstärkt vertretene skeptische Position in der Philosophie nicht per se religionskritisch angelegt sei, sondern sich vielmehr gegen jede religiöse Dogmatik, nicht aber gegen religiöse Praxis richte. An Pyrrhon von Elis, Sextus Empiricus, Philon (Skeptizismus als Ermöglichung von Pluralismus im Monotheismus) und Augustinus, welcher Skeptizismus als Bedrohung der Religion sieht, thematisiert er unterschiedliche Rezeptionen des Skeptizismus und prägt den Begriff „Religiosität“ als individuelle Aneignung der betreffenden Tradition. Christopher G. Brown geht der Frage der Divination bei Caesar und Cicero im politischen Kontext nach (S. 61-70).
Mit der Gestalt des Zeus in Lukians Göttergesprächen befasst sich Fabio Berdozzo (S. 71-91), die hohes religionskritisches Potential in sich bergen. Es stellt sich die Frage nach der Funktion des Lachens, wenn Lukians Gotteswahrnehmung Elemente wie Machtgier, sinnliche Liebe und mangelnde Gerechtigkeit umfasst. Luther H. Martin beschäftigt sich auf S. 91-107 mit der Kritik Roms an den Christen wie der Kritik der Christen an Rom, die auf denselben kognitiven Strukturen basiere. Ilinca Tanaseanu-Döbler analysiert die Ritualkritik des Porphyrios (S. 109-155), der zwar die Wirksamkeit der Rituale in Frage stellt, Rituale aber auch als symbolische Kommunikation interpretiert. Alle Diskurse werden im Bereich der intellektuellen Elite geführt, so dass anzunehmen ist, dass diese vielfältiger waren als es die Quellen spiegeln.
Der letzte Beitrag hat die Religionskritik im Manichäismus in einer religiösen Konkurrenzsituation zum Thema (Wolf B. Oerter, S. 157-165). Die Analyse der verschiedenen Formen intrareligiöser und interreligiöser Religionskritik ist repräsentativ, eine Vertiefung der Ergebnisse durch weitere Studien unter Einbeziehung von zusätzlichem Material wünschenswert.

Anneliese Felber (2010)
Quelle: Katholisches Bibelwerk e.V. Stuttgart, Biblische Bücherschau 8/2010