Stephan Ernst
Grundfragen theologischer Ethik
Eine Einführung
München: Kösel Verlag 2009
384 Seiten
ISBN 978-3-466-36809-9
Die „Erneuerungsarbeiten“ am Gebäude der Moraltheologie scheinen sich, so der Verfasser, in ihrem erforderlichen Tempo derzeit „eher zu erhöhen als zu verlangsamen“ (7). Die theologische Ethik (als hier besserer Begriff) habe dabei einen „enormen Spagat“ zu leisten zwischen gesellschaftlichem Zeitgeist und ihren eigenen Tragepfeilern: Bibel, Tradition und Lehramt. Die hier vorgelegte „theologische Fundamentalethik“ möchte dazu den „notwendigen Brückenschlag“ ermöglichen.
„Das Buch soll einen Leitfaden durch die zentralen Themen … geben, der sich vor allem an Studierende, Lehrerinnen und Lehrer sowie hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pastoral“ wendet (8). Die Einleitung klärt gleich den konzeptionellen Ausgangspunkt, nämlich das Offenbarungsverständnis des Zweiten Vatikanums, in dem festgehalten wurde, dass Offenbarung den ethischen Anspruch nicht begründet, sondern ihn bereits als gültig und begründet voraussetzt. „Die Erkenntnis und Begründung ethischer Normen ist vielmehr allein Sache der menschlichen Vernunft und der Erfahrung mit der Wirklichkeit dieser Welt“ (22). Zwei Grundfragen markieren die zwei Teile in 10 Kapiteln des Buches: 1. Wie kann man erkennen, worin das ethisch richtige und verantwortliche Handeln konkret besteht? 2. Wie kann man das ethisch richtige und verantwortliche Handeln auch wollen? (25). Im ersten Teil analysiert Engel die ethischen Orientierungen am Willen Gottes, der Heiligen Schrift, dem eigenen Gewissen, dem natürlichen Sittengesetz, der autonomen Vernunft sowie der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Dabei räumt er ein, dass den „Einwänden säkularer Vernunft“ vielfach „gerade auch aus theologischer Sicht zuzustimmen ist“ (47). Teil 2 erläutert dann die befreiende Bedeutung des Glaubens für ethisches Handeln. Kritisch muss dabei auch bemerkt werden, wie sehr die Plausibilitäts-Defizite kirchlicher Morallehre in deren früherer Betonung von „juridisch formulierten Vorschriften und Verboten“ lag, statt in der Bedeutung der Gottesbeziehung für das ethische Handeln (334). Die dargebotenen fundamentalethischen Entfaltungen beinhalten (zumindest für kundige Leser) letztlich keine umstürzend neuen Perspektiven. Das beachtenswert Neue besteht vielmehr darin, dass die theologischen Grundlagen wirklich beim Wort genommen und für den aktuellen Diskurs dialogfähig dargelegt werden. Das geschieht durchgängig in systematisch klarer und sehr lesbarer Weise. Zahlreiche praktische Fallbeispiele, Grafiken und zusammenfassende Thesen unterstreichen den Orientierungs- und Nutzwert des Buches. Ein Namens- und Sachregister sowie ein angehängtes ausführliches Inhaltsverzeichnis erleichtern das Suchen und Finden. Insgesamt ein empfehlenswertes Basis-Werk, das Transparenz schafft und darum (nicht nur) bei Ethik- und Religionslehrkräften einen Stammplatz finden wird.
Reiner Jungnitsch
Quelle: Religionsunterricht heute. Informationen des Dezernates Schulen und Hochschulen im Bischöflichen Ordinariat Main, Heft 4/2009, S. 33f.