Manfred Oeming (Hg.) Walter Boes (Hg.)
Alttestamentliche Wissenschaft und kirchliche Praxis (FS Jürgen Kegler)
(Beiträge zum Verstehen der Bibel, 18)
Berlin u.a. : Lit-Verlag 2009
XIII, 386 Seiten
€ 39,90
ISBN 978-3-643-10336-9
In der Festschrift für Jürgen Kegler wird aufgezeigt, wie und vor allem dass alttestamentliche Wissenschaft und kirchliche Praxis einander bedingen. Der Band versucht auf sieben Themenfeldern die Verknüpfung vom Alten Testament mit der kirchlichen Praxis zu verdeutlichen: Hermeneutik, Homiletik, Liturgie, Seelsorge, Religionspädagogik, Ethik und politische Praxis der Kirche, Predigten und Meditation.
Helmut Schwiers Artikel „Was ist eine gute Predigt“ (Homiletik), setzt vier klare Anforderungen an eine gute Predigt: Die „Auslegung der Bibel [muss] mit einem erkennbaren Lebensbezug“ verbunden werden. Weiterhin muss eine gute Predigt „lebendig und verständlich“ gestaltet sein. Zudem sollte sie „prägnant im Inhalt und [...] nicht länger als 15 Minuten“ (S. 135) andauern. Außerdem muss eine Predigt „lebens- und glaubensfördernd“ auf ihre Zuhörer wirken. Wer mit diesen Ansprüchen eine Predigt verfasst, mag gut beraten sein. Wie eine solche Predigt in Realität aussehen kann, zeigt das abschließende Kapitel „Predigten und Meditationen“. Der Predigtbeitrag von Christoph Schneider-Harpprecht „Vom Prediger Salomos zum Humoristen Wilhelm Busch“ bspw. setzt Schwiers Anforderungen hier hervorragend um. Die Predigt holt den Zuhörer mit seinen Erinnerungen aus der Kindheit an Wilhelm Busch ab und führt ihn mit lebendigen Reimen Buschs zur beabsichtigten Erkenntnis: „Anständig zu sein ist nicht alles. Wir sind fehlbare Menschen, die auf die Gnade Gottes angewiesen sind und die sich im Grunde ihres Herzens nach ihr sehnen“ (S. 349). Wolfgang Drechsels Beitrag „Das Lesen von ‚heiligen Texten’?“ (Seelsorge) macht sich für Ansätze Anton T. Boisens’ stark, der das Lesen lernen in der Seelsorge für grundlegend hält. Seelsorger müssen ihr Gegenüber schlicht „lesen“ können, sie als „living human documents“ (S. 185) wahrnehmen. Der Gesprächspartner wird zum lebenden Dokument. Drechsel schlägt vor, Gleiches mit biblischen Texten zu tun – sie neu lesen zu lernen, indem Leser sie als „living biblical documents“ (S. 196) anschauen. Beim Lesen eines Bibeltextes soll – wie in einem Seelsorgegeschehen – der Text zum Gegenüber und als „’sprechendes Subjekt’“ (S. 198) gedacht werden. Dann können neue Verstehens- und Auslegungswege entdeckt und gegangen werden. Gerhard Vicktor stellt in seinem Artikel „Wenn die Seele ins Schwingen kommt“ (Religionspädagogik) eine binnenkontextuale Erzählform vor, die besonders für Kinder gewinnbringend sein kann. Durch die kontextuale Erzählform soll die Binnenperspektive der Kinder so angeregt werden, dass sie die gehörte Geschichte zu ihrer eigenen werden lassen. Dies geschieht, wenn ein „Kind aus dem biblischen Kontext [...] zur Identifikationsfigur“ gehoben wird. Von ihr lernen Kinder „Grunderfahrungen“, Grunddenkmuster“ und „Grundstimmungen“ (S. 253) eines Kindes aus dem Alten Testament kennen. Vicktors Artikel enthält drei Geschichten, die sich zur Umsetzung eignen.
Insgesamt ist der Band eine Sammlung von 27 Artikeln, die qualitativ gut und lesbar sind. Aufmerksame Leser können daraus sicher fruchtbare Tipps für die praktische Arbeit entnehmen. Die evangelischen Autoren sind in universitären, kirchlichen bzw. meist in beiden Bereichen tätig, können somit auch glaubwürdig mit praktischen Erfahrungen aufwarten. Einzig eine ökumenische Ausrichtung der Autorschaft zum Thema wäre zu wünschen.
Ann-Christin Heine
Quelle: Katholisches Bibelwerk e.V. Stuttgart, Biblische Bücherschau 12/2009