Georg Langenhorst
Gedichte zur Bibel
Texte, Interpretationen, Methoden. Ein Werkbuch für Schule und Gemeinde
München: Kösel 2. Auflage 2004
279 Seiten, € 19,95
ISBN 978-3-466-36565-4
Zum zweckfreien „Stöbern in dem erstaunlichen Reichtum an Gedichten zur Bibel“ und zur „praktischen Erprobung“ möchte Georg Langenhorst seine Leserinnen und Leser einladen. Zum Stöbern bietet er in dem vorliegenden Buch in der Tat reichlich Material: Sehr übersichtlich gegliedert werden zu einzelnen biblischen Personen bzw. Themen je zwei Gedichte vorgestellt.
Häufig wird bei der Auswahl ein besonderer Kontrast dargestellt (z.B. ein traditionelles und ein modernes Gedicht zu Maria, „der Begleiterin Jesu von Anfang an“), so dass die Möglichkeiten und künstlerischen Freiheiten moderner Lyrik besonders erkennbar werden. Neben Autoren, die man in einer solchen Sammlung erwarten durfte (Kurt Marti, Marie-Luise Kaschnitz, Rose Ausländer und Bertold Brecht), konfrontiert Langenhorst seine Leser auch mit weniger bekannten Lyrikerinnen (Dagmar Nick, Lioba Happel). Der eilige Leser, der kurzfristig Material für eine Unterrichtsstunde sucht, kann sehr schnell zu dem gesuchten Kapitel finden, so dass die „praktische Erprobung“ schon bald beginnen kann. Wer sich die Zeit zur gründlichen Lektüre nimmt, sollte die Einführung Langenhorsts nicht überblättern. Hier werden acht Idealtypen literarischer Bibelrezeption vorgestellt, die von der Paraphrasierung des biblischen Textes bis hin zur frei-assoziativen Ausgestaltung reichen.
In der didaktischen Einordnung betont der Autor – mit Dorothee Sölle – die prinzipielle „Autonomie der Dichtung“ gegenüber der Gefahr einer bloßen Verzweckung literarischer Texte zur Veranschaulichung theologischer Wahrheiten oder anderer vorgegebener Deutungen. In den methodischen Orientierungslinien skizziert Georg Langenhorst kurz mehr oder weniger bekannte methodische Möglichkeiten des Einsatzes literarischer Texte. Natürlich wird jede Auswahl von Gedichten zur Bibel umstritten bleiben, da immer mindestens ein wichtiges Gedicht fehlt. Die vorliegende Auswahl vermag aber insgesamt zu überzeugen: Recht gleichmäßig verteilt auf das Neue und das Alte Testament, beschränkt auf die Lyrik des 20. Jahrhunderts, in dem Bemühen die biblischen Frauengestalten nicht zu vernachlässigen und die für Religionsunterricht und Katechese besonders relevanten Themen und Personen zu behandeln, werden insgesamt 64 Gedichte vorgestellt. Auffallend ist, dass die Person Jesu nur in zwei Gedichten direkt beleuchtet wird (Kurt Marti, Robert Schneider). An dieser Stelle überzeugt die didaktische Konzeption des Buches: Einerseits finden sich in der deutschen Lyrik der letzten Jahrzehnte nur wenige direkte „Jesus-Gedichte“, andererseits ist die didaktische Relevanz von Gedichten, die sich mit Menschen auseinandersetzen, die – nach biblischem Zeugnis.
– Erfahrungen mit diesem Jesus gemacht haben, vielleicht größer, weil hier auch immer direkt Fragen nach der Beziehung und der Bedeutung gestellt werden (Maria, Maria Magdalena, Petrus, Judas, Pilatus), die auch für heutige Leser von Interesse sind. Daher steht die Beziehung dieser Menschen zu Jesus auch im Vordergrund der Interpretationen. Die Struktur der einzelnen Kapitel ist sehr übersichtlich: Der Autor, sein Gesamtwerk und gegebenenfalls der zeitgeschichtliche Hintergrund werden dem Gedicht vorangestellt. Nach der Präsentation des Textes wird eine kurze didaktische Verortung vorgenommen, der sich methodische Vorschläge zur Umsetzung anschließen. Diese Ideen sind in der Regel anregend, sachgerecht auf das Gedicht bezogen und durchaus vielfältig. Andererseits bleibt genügend Raum für Lehrende, die genannten Vorschläge weiterzuentwickeln oder es nach der Lektüre der Interpretation auch ganz anders zu machen. Wer jedoch mit dem Text eines Buches gerne auch die Anmerkungen liest oder diese wenigstens gelegentlich „überfliegen“ möchte, muss leider blättern, da sich die gesamten Anmerkungen nicht unterhalb des Textes, sondern im Anhang des Buches finden, was gerade bei der Vielfalt der zitierten Materialien von Nachteil ist. Insgesamt hat Georg Langenhorst jedoch eines von den Büchern verfasst, bei denen sich die Anschaffung lohnt, auch wenn man es nicht unbedingt sofort vollständig „verschlingen“ wird: Nicht immer sind es die gleichen biblischen Figuren, die einen lebensgeschichtlich oder beruflich herausfordern, so dass man bei Langenhorst tatsächlich immer mal wieder „in dem erstaunlichen Reichtum an Gedichten zur Bibel“ stöbern kann.
Karl-Werner Peitzmann
Quelle: Katholisches Bibelwerk e.V. Stuttgart, Biblische Bücherschau 8/2009