Religionswissenschaftlicher Blick auf Gender und Religion
Buchvorstellung - 06.12.2009
Anna-Katharina Höpflinger/ Ann Jeffers/ Daria Pezzoli-Olgiati (Hg.)
Handbuch Gender und Religion
(UTB 3062)
Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht 2008
342 Seiten, € 29,90
ISBN 978-3-8252-3062-3
Das Handbuch bietet eine sehr gute Einführung in das Themenfeld Gender und Religion aus religionswissenschaftlicher Sicht, eine im deutschsprachigen Forschungskontext des Fachs bisher vernachlässigte Blickrichtung. Zahlreiche sehr unterschiedliche Einzelbeiträge spiegeln bei diesem interdisziplinären und internationalen Projekt die Vielfalt der zugrunde liegenden Disziplintraditionen, theoretischen Ansätze, methodischen Zugänge und inhaltlichen Fragen wider.
Der 1. Teil Religionswissenschaft als Vermittlung von Weltbildern ist deren hermeneutischer Reflexion aus einer gender-kritischen Perspektive gewidmet. Nach dem 2. Teil Forschungsgeschichte als Vermittlung von klassischen Positionen (am Beispiel exemplarischer Forscherinnen wie der Initiatorin der Woman’s Bible Elizabeth Cady Stanton, Jane Ellen Harrison, Alexandra David-Néel, Mary Douglas und der Matriarchatsforscherin Heide Göttner-Abendroth) folgen die beiden Hauptteile des Werkes. Im 3. Teil Tradierung von Gender-Konstruktionen in religiösen Symbolsystemen werden ausgewählte Fallstudien aus verschiedenen Zeit- und Kulturräumen diachron präsentiert. Von ambivalenten Hindu-Traditionen und buddhistischen Denkfiguren mit ihrem Potential für eine Kritik der Heteronormativität über die Prophetentochter Fatima und die jüdische Figur der Schekhina bis zu Dämoninnen und schließlich Maria Magdalena zeigt sich ein breites Spektrum von Geschlechterkonstruktionen und Rollenmodellen, auch in ihrer Wandelbarkeit und ihren Dynamiken. Demgegenüber liegt der Fokus des 4. Teils Gender und Medien der religiösen Kommunikation auf der synchronen Ebene medialer Vermittlung von Geschlechterrollen – etwa durch bildliche Darstellungen, Literatur, Ideologie, Kleidung, Raumkonzepte, Körperinszenierungen, Tanz und Theater, Film, Unterricht. Aufgrund der vielfältigen Materie kann ein Handbuch klarerweise keinen vollständigen Überblick leisten, so bietet das Projekt hochinteressante Einblicke in verschiedenste religionswissenschaftliche Themen und Fragestellungen aus der Genderperspektive.
Andrea Taschl-Erber
Quelle: Katholisches Bibelwerk e.V. Stuttgart, Biblische Bücherschau 10 (2009)