Grundfrage: Existiert Gott?

Buchvorstellung - 20.01.2010

Manfred Lütz
Gott
Eine kleine Geschichte des Größten

München: Pattloch Verlag. 2007
297 Seiten
ISBN 978-3-629-02158-8

In seinem 1999 erschienenen Buch „Der blockierte Riese“ hatte der Kölner Psychiater und Theologe Manfred Lütz die aktuelle Situation der katholischen Kirche mit den Methoden der modernen Psychoanalyse untersucht. Sein Fazit: Konservative und progressive Kräfte innerhalb der Kirche streiten sich momentan derart um zweitrangige Probleme, dass die eigentlich wesentlichen Glaubensfragen durch diesen oberflächlichen Zwist in den Hintergrund gerückt sind.

In schöner Konsequenz wendet sich Manfred Lütz in seinem neuen Buch nun selbst genau diesen grundsätzlichen religiösen Fragen zu, genauer gesagt der grundlegendsten Frage überhaupt, der Frage nach Gott. Der Autor möchte diese Frage wieder in den Mittelpunkt des Interesses stellen, denn die Frage nach Gott ist keineswegs nur für Theologen bedeutsam, sondern sie geht ausnahmslos jeden Menschen an, ist sogar „unter uns gesagt für jeden eine Frage auf Leben und Tod“ (S. XII). In einem höchst originellen Streifzug durch die verschiedenen Etappen der abendländischen Geistes- und Kulturgeschichte von der Antike bis zur Moderne stellt Manfred Lütz zunächst „alle gängigen Einwände gegen die Existenz Gottes“ dar. Dabei unterscheidet er zwischen einem unreflektierten praktischen und einem theoretisch begründeten Atheismus und differenziert letzteren nach verschiedenen Ausprägungen (u.a. Materialismus, Determinismus, Darwinismus, psychologische Projektionstheorien), um dann zu fragen, ob diese jeweiligen Atheismusformen überhaupt das christliche Gottesbild treffen.

Den einzigen wirklich konsequenten Atheismus sieht Lütz schließlich in der absoluten Trostlosigkeit und radikalen Aufgabe sämtlicher Werte bei Friedrich Nietzsche. In einem zweiten Teil führt der Autor dann im Gegenzug alle vernünftigen Argumente für Gott an (vom beeindruckenden kindlichen Urvertrauen bis hin zu den berühmten ‚Gottesbeweisen’ der christlichen Philosophie) – um am Ende freilich trotz aller Vernunftgründe für die Entscheidung des Glaubens festzuhalten, dass der christliche Gott letztlich gerade nicht als der Gott der Philosophen, sondern nur als Person und insofern als „bleibendes Geheimnis“ (Karl Rahner) erfahrbar ist. Das heißt aber wiederum nicht, man könne die Konsequenzen der christlichen Grundoffenbarung, dass Gott nicht nur ein höchstes Wesen, sondern vor allem liebende und sich offenbarende Person ist, nicht auch als durchaus sinnvoll und vernünftig begreifen. In einem dritten Teil fügt Manfred Lütz darum sogar noch eine kurze christliche Fundamentaltheologie an, um manches zu erklären, was vielen (ungläubigen wie vielleicht auch gläubigen) Zeitgenossen heute nicht mehr unbedingt bewusst oder verständlich ist. Dabei betont der Autor aber dankenswerterweise, dass bei allem Interesse an theologischen Fragen keinesfalls nur der theologisch Gebildete ein (guter) Christ werden und sein kann – denn das wirklich Entscheidende findet eben auf einer anderen Ebene statt, ist die personale Begegnung mit dem Mensch gewordenen Gott.

So richtet sich dieses Buch denn auch ganz bewusst an einen sehr breiten Leserkreis, es möchte zeigen, dass der christliche Glaube zwar vor der Vernunft Bestand hat, deswegen aber „dennoch nicht ein Glaube nur für eine intellektuelle Elite“ (S. 235) ist. Im Verzicht auf eine wissenschaftliche Sprache und im lustvollen Pointieren der Argumente gelingt es dem Autor bestens, dies auf geradezu spannende und unterhaltsame Weise zu belegen.

St. Michaelsbund

Quelle: Eulenfisch. Limburger Magazin für Religion und Bildung 1 (2008), Heft 1, S. 66.