Christina Kayales/ Astrid Fiehland van der Vegt (Hg.)
Was jeder vom Judentum wissen muss
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 9. Auflage 2005
208 Seiten
ISBN 3-579-06307-X
In wiederum neuer Auflage liegt die seit 22 Jahren bewährte Handreichung der VELKD zum Judentum vor. Aufbau und Zielsetzung sind geblieben, Text und Information aber aktualisiert worden. Teil I „Jüdische Lebenswelten“ stellt die vielfältige Traditionsgestalt des Judentums und detailliert sein religiöses Leben dar (Illustrationen!).
Teil II „Jüdische Geschichte und Gegenwart“ führt die Geschichte der Juden bis ins Jahr 2003 mit speziellem Blick auf deutsche Vergangenheit und Gegenwart. Israel als Volk, als Land und als Staat mit der umstrittenen Mitte Jerusalem sind zu Recht ein eigenes und einheitliches Thema. Teil III „Christen und Juden – Juden und Christen“ nennt differenziert Belastungen und neue Begegnungen. Die biblisch-theologischen Aspekte (der „eine“ Gott, der jüdische Jesus, der Prozeß Jesu und der Jude Paulus) kommen gut zu Wort und regen gewiss entsprechende thematische Unterrichtseinheiten an. Teil IV, bescheiden „Anhang“ genannt, bietet u. a. Register und Glossar, Literatur und Internetadressen.
Insgesamt liefert das Buch eine runde Einführung: Dichte Information, klare Strukturierung und Konzentration auf Wesentliches. In den Literaturangaben vermisse ich allerdings Tipps, die zum Lesen jüdischer und israelischer Literatur hinführen. Der Markt ist ja groß und unübersichtlich. Insgesamt drängt sich ein wenig der Eindruck auf, der vielbemühte „Dialog“ bleibe eben doch ein einseitiger christlicher Monolog über einen abwesenden Anderen, und man wisse ohnehin recht viel über diese „andere“ Seite – dabei ist das Sachwissen nur ein unverzichtbarer Aspekt des größeren Dialogs. Das schöne und wirklich dialogische Buch von Nathan Peter Levinson und Frauke Büchner („77 Fragen zwischen Christen und Juden“, Göttingen 2001) wäre ein (nicht aufgeführtes) Beispiel, wie ein solcher Dialog, sogar mit Blick auf die Didaktik im Religionsunterricht, tatsächlich geführt wird.
Zwei wirklich befremdende Schönheitsfehler möchte ich nicht verschweigen. 1. scheint mir die Aufarbeitung des evangelisch-theologischen Umgangs mit der Shoah ein wenig geschönt und bemüht, amtlich „korrekt“ zu sein: Der Lernprozess, den alle durchmachen, lief (und läuft) wohl nicht ganz so glatt wie dargestellt, leider. Zudem wäre ganz grundsätzlich nach dem antijudaistischen Gebrauch des dogmatischen Begriffspaars „Gesetz – Evangelium“ zu fragen. 2. Unter dem Titel „Christen und Juden“ kommen Katholiken nicht vor, auch nicht die konziliare Dialogtheologie von Nostra aetate, die mit Abraham J. Heschel, Papst Paul VI. und Augustin Kardinal Bea verknüpft ist und in den äußerst lesenswerten Dokumenten der Päpstlichen Bibelkommission von 1994 und 2001 zu sensationellen Anerkennung dessen geführt hat, was Christinnen und Christen bis heute gern als „Gesetzesreligion“ abtun. Dies alles schmälert nicht den Informationswert des Kompendiums, wirft aber doch ernste Fragen auf und zeigt, wie behutsam Christen über das Judentum reden sollten (auch untereinander)
Peter Hofmann
Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 35 (2006), Heft 3, S. 133f.