Evangelien-Synopse

Buchvorstellung - 04.07.2009

Stuttgarter Evangelien-Synopse nach dem Text der Einheitsübersetzung
Mit wichtigen außerbiblischen Parallelen
hg. v. Otto Knoch unter Mitarb. v. Eugen Sitarz

Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk 2006
326 Seiten
ISBN 3-460-30201-1

Die Einheitsübersetzung des NT wurde 1979 veröffentlicht. Wenn nun im Jahr 2006 (in dem bereits mit einer Revision dieser Übersetzung begonnen wird!) eine neue „Stuttgarter Evangelien-Synopse nach dem Text der Einheitsübersetzung“ erscheint, ist das doch erstaunlich.

Der zu besprechende Band enthält leider keinerlei Hinweise, wie es zu diesem zeitlichen Abstand kommt. Ein Vergleich mit der „Vollständigen Synopse der Evangelien nach dem Text der Einheitsübersetzung“ von 1988 (21989) zeigt aber schnell, dass Text und Anordnung identisch sind. Es handelt sich also einfach um einen Nachdruck (obwohl die „Vollständige Synopse“ noch lieferbar ist). Warum der Verlag das nirgends erklärt, bleibt ein Rätsel.

Über den Nutzen einer Synopse muss hier nicht viel gesagt werden. Es ist klar, dass die Nebeneinanderstellung der parallelen Evangelientexte bei der Erschließung des literarischen und theologischen Charakter jedes einzelnen Evangeliums eine enorme Hilfe ist. Gerade bei Mt und Lk wird dadurch schnell erkennbar, wie die Quellenlage eines bestimmten Texts aussieht und wie die beiden Evangelisten mit ihren Vorlagen umgegangen sind. Synopsen sind deshalb auch keine moderne Erfindung. Schon Ammonius, Bischof von Thmuis in Unterägypten, hat wahrscheinlich im 3. Jahrhundert eine Synopse verfasst, bei der die Texte der anderen Evangelien parallel zu dem des Matthäusevangeliums angeordnet waren. Eusebius, seit ca. 313 Bischof von Cäsarea, hat sich darauf gestützt und ein ganz eigenes System von „Kanontafeln“ entwickelt, die die Funktion einer Synopse übernahmen.

Die vorliegende Synopse hat ihre Besonderheiten, auf die Otto Knoch in seinem Vorwort eingeht. Sie übernimmt, soweit möglich, die Gliederungsüberschriften und Anmerkungen der Einheitsübersetzung. Wichtige außerbiblische Parallelen bis ins 3. Jahrhundert werden im Anschluss an den jeweiligen Bezugstext abgedruckt (so z.B. zu den Kindheitserzählungen viele Texte aus dem Protoevangelium des Jakobus, zur Passionsgeschichte und den Ostererzählungen, viele aus dem Petrusevangelium). Ferner hebt Knoch hervor, dass die Einheitsübersetzung im Unterschied zu sonstigen Übersetzungen im kirchlichen Gebrauch durchgehend synoptisch erarbeitet wurde. Das bedeutet: Wenn parallele Texte neben einander abgedruckt werden, kann es hier nicht, wie etwa in der Synopse der Lutherübersetzung (wo eben jedes Evangelium für sich übersetzt wurde), trotz gleicher griechischer Grundlage Unterschiede in der deutschen Übersetzung geben. Das ist in der Tat ein Vorteil, betrifft aber wohl nur Feinheiten (so z.B. Mk 4,25 parr Lk 8,18, wo die Einheitssynopse jeweils übersetzt „wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat (Mk) bzw. zu haben meint (Lk)“, während die Luthersynopse unterschiedlich übersetzt [Mk: „wer nicht hat, dem wird man auch das nehmen, was er hat“; Lk: „wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er meint zu haben“], obwohl der griechische Text in den kursiv gedruckten Teilen identisch ist). Eine andere Besonderheit ist weniger erfreulich als diese Genauigkeit: Gegenüber der griechischen Synopse von K. Aland wurde „die synoptische Anordnung der Evangelienabschnitte vereinfacht und zugleich – wo es sachlich geboten war – verändert“ (Knoch, Vorwort VII). Das ist manchmal sehr unpraktisch. In dem gerade gebotenen Beispiel etwa findet man neben Mk 4,25 keinen Abdruck der Mt-Parallele, sondern nur einen Verweis auf Mt 13,12 (und umgekehrt), während bei Aland beide Texte zweimal nebeneinander abgedruckt werden (einmal nach der Textfolge bei Mt, das andere Mal nach der bei Mk und Lk). Solche „Vereinfachungen“ machen es jedenfalls den Leser/innen nicht einfacher.

Aufs Ganze gesehen sind das aber Kleinigkeiten. Man bekommt hier zu einem günstigen Preis ein zuverlässiges Arbeitsmittel in die Hand, das bei der Evangelienauslegung unschätzbare Dienste tut.

Thomas Schmeller
Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 35 (2006), Heft 3, S. 131f.