Jesus und Muhammad - Einendes und Trennendes

Buchvorstellung - 02.06.2009

Mark A. Gabriel
Jesus und Muhammad
Erstaunliche Unterschiede und überraschende Ähnlichkeiten

Gräfelfing: Dr. Ingo Resch Verlag 2006
304 Seiten
ISBN 3-935197-52-7

Der Autor dieses bemerkenswerten und sehr lebendig geschriebenen Buches hat den herkömmlichen Studiengang in Islamstudien an der al-Azhar Universität in Kairo absolviert, nach seiner Promotion auf dem Gebiet der islamischen Geschichte an derselben Universität doziert und das Amt des Imams an der Moschee in Gizeh wahrgenommen.

Man nimmt das vorliegende Werk also mit Spannung in die Hand.

 

Im ersten Teil schildert er, wie er zu Beginn der 90iger Jahre des vorigen Jahrhunderts dazu kam, das Leben Jesu und das Leben Muhammads nebeneinander zu betrachten. Auf den letzen Seiten des Buches vervollständigt er diesen Rahmen mit der kurzen Darstellung seiner Konversion zu Jesus als dem Christus und den Auswirkungen dieser Entscheidung auf sein Leben seither im Exil.
Das Buch, das besonders von Religionspädagogen sowie von im christlich-islamischen Gespräch engagierten Personen beachtet werden sollte, ist verständlich geschrieben, wenn es auch in der vorliegenden deutschen Version nicht ganz frei von Fehlern und Ungereimtheiten formaler Art ist. Auch bleibt es, was die Darbietung und Beurteilung der relevanten islamischen sowie der relevanten christlichen Quellen angeht, einer durchweg vorkritischen, von der historischen und literarischen Kritik unberührten Denk- und Vorgehensweise verhaftet. Dennoch dürfte dieses Werk – gerade in seiner beschränkt vorkritischen Sicht- und Vorgehensweise – auch für den historisch-kritisch denkenden Studenten des Islam und des Christentums von Nutzen sein, gerade weil es sich im Hinblick auf die Darstellung des Lebens und der Lehre Muhammads auf Texte des Korans und auf die traditionell als zuverlässig betrachteten Hadithe und, für die entsprechende Darstellung Jesu, auf Texte der Bibel beschränkt. Die Bedeutung der Hadithe für die Formation des muslimischen Denkens wird ja nicht selten unterschätzt. Gerade hier besticht das Wissen des an der al-Azhar Universität ausgebildeten Autors. Besonders wertvoll ist es, dass, aus dem jeweiligen Korpus der normativen Grundtexte ausgewählt, solche Zitate zu den Schlüsselthemen zusammengestellt werden, die immer wieder zur Sprache kommen, wenn Jesus und Muhammad vergleichend betrachtet und diskutiert werden: ihre Botschaften an die Welt; ihre Lehren übereinander; die Bedeutung des Heiligen Krieges; Liebe; Gebet; Frauen. Auch die Gegenüberstellung der Hauptphasen des jeweiligen Lebens und der Karriere der beiden Persönlichkeiten, ganz nach Art eines traditionell denkenden muslimischen Gelehrten, wird dem kritisch ausgebildeten Leser dabei behilflich sein, innerhalb seiner eigenen Perspektive, die entscheidenden Akzentsetzungen und Fundamentaloptionen der beiden Glaubenssichten besser zu erfassen. So gesehen sind auch die – wiederum vorkritisch zusammengestellten – Anhänge zum Werk: „Informationsquellen über Jesus und Muhammad“; „Islamische Lehren über biblischen Prophezeiungen über Muhammad“; „Alttestamentliche Prophezeiungen über Jesus“; „Jesus im Koran und in der Bibel“ wertvoll und anregend. Kurz gesagt: Das vorliegende Buch bietet Religionslehrern – in Ergänzung zu Darstellungen aus der Feder kritisch denkender Islamkundler und Theologen – bedenkenswerte neue Informationen und Perspektiven.

Christian W. Troll

Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 35 (2006), Heft 4, S. 204.