Guy Bedouelle
Große illustrierte Kirchengeschichte
Menschen – Themen – Bilder
Freiburg u.a.: Verlag Herder 2005
268 Seiten. mit 567 meist farbigen Abb
ISBN 3-451-28559-2
Als ein „neuartiges Unternehmen“ wird die illustrierte Kirchengeschichte in der Einführung angekündigt. Bild und Text sollen nicht auf zwei Ebenen verteilt sein, sondern so ineinander verzahnt werden, dass die historischen Ereignisse und Phänomene erst im Zusammenklingen beider Vermittlungsmedien ihre volle Ausstrahlung entfalten.
GDas versucht der Verfasser, indem er den überarbeiteten Text seines Buches „Die Geschichte der Kirche“ aus der AMATECA-Reihe mit Bildern illustriert, die dem jeweiligen thematischen Zusammenhang entsprechen.
Das Vorhaben ist gelungen. Es ist eine Lust, den großformatigen Text-Bild-Band durchzublättern und über die hochwertigen Bilder in die christliche Kunst und Architektur, in Personen- und Ereignisgeschichte eingeführt zu werden. Bedouelle, Professor für Kirchengeschichte an der französischen Abteilung der Universität Freiburg/Schweiz, gliedert die elf Kapitel unter die Überschriften „Die Kirche und die Herausforderung ...“. Als Herausforderungen für das Christentum kommen dann Judentum, Hellenismus und Neuheidentum für die ersten Jahrhunderte zur Sprache, Barbaren, Lehenswesen und eine erste Form des säkularen Denkens für das Mittelalter, die Renaissance, Reformen (Zeitalter der Reformation), Absolutismus und Aufklärung für die Frühe Neuzeit sowie Revolutionen, Ideologien und Kulturen für die vergangenen zwei Jahrhunderte zur Sprache. Auf diese Weise wird ein zu sehr auf binnenkirchliche Probleme fixierter Blick vermieden. Die Kirche steht unter dem Anspruch, Kirche in der jeweiligen Welt und unter den Bedingungen der zeitgenössischen Gesellschaft und Kultur zu sein. Bedouelle bebildert diesen Anspruch vor allem bei seiner Darstellung der neuesten Geschichte durch Darstellungen moderner Kunst. Wie sehr dabei Gegensätze sichtbar werden, zeigt etwa die Doppelseite 164/165. Zeitlich nur wenige Jahrzehnte in der Entstehung getrennt, stehen sich der Überschwang des katholischen Barock und französische Revolutionsästhetik gegenüber. Aus solchen Kontrasten lebt das Buch.
Den thematischen Rahmen des Bandes bildet die Auseinandersetzung des Christentums mit den es jeweils umgebenden Kulturen. Die Universalität der Botschaft Jesu Christi ist dem Verfasser dabei zentrales Leitmotiv. Sie konnte die griechisch-lateinische Kultur amalgamieren, sie musste sich in den großen Missionsbewegungen der Neuzeit gegenüber der amerikanisch-indianischen, den asiatischen und den afrikanischen Kulturen zu einer Anerkennung autochthoner Traditionen erst durchringen. Gegenüber den säkularisierten europäischen Kulturen besteht nach 2000 Jahren erneut die Aufgabe der Inkulturation des Christentums. Es ist faszinierend, diesen großen historischen Bogen in Text und Bild nach zu verfolgen, ohne sich in Einzelheiten zu verlieren.
Seine eigene Herkunft aus der frankophonen Kultur kann und will der Verfasser nicht verleugnen. Das fordert den deutschen Leser bisweilen heraus, sich stärker auf die Entwicklungen in Frankreich einzulassen als es bei einem ursprünglich deutschsprachigen Werk der Fall wäre. Doch gerade ein solcher Perspektivenwechsel, wie er sich auch in der verwendeten kirchengeschichtlichen Literatur zeigt, ist eine Bereicherung.
Joachim Schmiedl
Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 35 (2006), Heft 1, S. 42f.