Kompendium der Soziallehre der Kirche
Hg. v. Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden [Justitia et Pax]
Freiburg u.a.: Verlag Herder 2006
544 Seiten
ISBN 3-451-29078
Angesichts einer zunehmenden gesellschaftlichen Unsicherheit, wie den Herausforderungen der modernen Welt zu begegnen sei, hat der Päpstliche Rat „Justitia und Pax“ im Oktober 2004 ein „Kompendium der Soziallehre der Kirche“ vorgestellt, das nun erstmals auch in deutscher Sprache vorliegt.
Der erste Teil des umfangreichen Dokuments legt zunächst den theologischen Hintergrund der kirchlichen Soziallehre dar. Ausgehend vom befreienden Wirken Gottes in der Geschichte Israels, das mit dem Auftreten Jesu Christi seine Erfüllung findet, wird die menschliche Person im Plan der Liebe Gottes betrachtet. Von hier aus kann zum einen das personale Fundament aller Menschenrechte begriffen werden in der Würde des Menschen als Abbild Gottes, andererseits aber auch die soziale Verantwortung des Menschen für eine gerechte und friedliche Gesellschaft deutlich werden. Aus diesen theologischen Vorgaben werden dann die fundamentalen Prinzipien der Soziallehre der Kirche entwickelt: Menschenwürde, Gemeinwohl, Subsidiarität und Solidarität. Diese Prinzipien dienen der Umsetzung der sozialen Werte Wahrheit, Freiheit, Gerechtigkeit, Liebe.
Der zweite Teil widmet sich nach diesen grundsätzlichen Überlegungen den konkreten Fragen des menschlichen Zusammenlebens: Familie, Arbeit, Wirtschaftsleben, politische und internationale Gemeinschaft, Bewahrung der Umwelt, Förderung des Friedens. Bei all diesen Fragen maßt sich der Sozialkatechismus nicht an, konkrete Modelle angemessener politischer oder wirtschaftlicher Handlungsweisen geben zu können, doch weisen die katholischen Sozialprinzipen in jedem Fall bestimmte Ziele und Richtungen, die Schlussfolgerungen erlauben, die manchen Leser in ihrer Deutlichkeit vielleicht überraschen mögen (z.B. „Reichtum existiert, um geteilt zu werden“). Ausdrücklich wendet sich das Dokument nicht nur an Katholiken, sondern auch an alle anderen Christen, ebenso an alle Angehörigen anderer Religionen „und an alle Männer und Frauen guten Willens, die sich für das Gemeinwohl einsetzen“.
Weil die Soziallehre als keineswegs zweitrangiger, sondern direkt aus dem Evangelium sich ergebender Teil des kirchlichen Verkündigungsauftrages dargestellt werden soll, ist die Sprache des Dokuments insgesamt recht theologisch gehalten – für Leser, die der Kirche fern stehen, ist diese immer wieder weit ausgreifende Argumentation sicher gewöhnungsbedürftig. Um den Praxisbezug zu erhöhen, wurde aber durch ein sehr ausführliches Sachregister (mit über 100 Seiten) die Möglichkeit geschaffen, sich zu einzelnen konkreten Fragen in der Art eines Nachschlagewerks schnell zu informieren. Der besondere Wert des Kompendiums liegt andererseits aber gerade darin, dass in der Gesamtschau die tieferen Grundlagen für einzelne konkrete Aussagen der kirchlichen Soziallehre sichtbar werden. Dies macht auch das zusammenfassende Schlusskapitel noch einmal deutlich, das den „Sozialkatechismus“ insgesamt als eine Hilfe auf dem Weg zu einer „Zivilisation der Liebe“ verstanden wissen will.
Sankt Michaelsbund, München
Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 35 (2006), Heft 1, S. 38f.