Albert Biesinger/ Julia Münch/ Friedrich Schweitzer
Glaubwürdig unterrichten
Biographie – Glaube – Unterricht
Freiburg: Verlag Herder 2008
144 Seiten
ISBN 978-3-451-29727-4
Bisherige Studien zum RU haben vorwiegend ihren Focus auf die Schüler, den Unterricht oder die Lehrerperson allgemein gerichtet. Weniger reflektiert wurde die „Frage nach biographisch-religiösen, ggf. konfessionellen Prägungen der Religionslehrerinnen und –lehrer sowie nach der Bedeutung solcher Prägungen für den Unterricht selbst“ (137).
Was hat der Unterricht mit dem konfessionellen Glauben des Unterrichtenden zu tun? Wie verhalten sich Biographie und Unterricht zueinander? (10). Fragen also, die auf die eigentliche religionspädagogische Identität der Lehrkräfte zielen, obwohl gerade der Blick auf die Glaubwürdigkeit des Unterrichtens und der Unterrichtenden in der neueren religionspädagogischen Diskussion auffallend vernachlässigt wurde (22).
Der vorliegende Band dokumentiert die Ergebnisse des dritten Teils der Untersuchung zum konfessionell-kooperativen RU, in dem es nun allein um die Unterrichtenden geht: Leitend … ist die Frage danach, wie konfessionell-kooperativer Religionsunterricht gelingen kann und welche Rolle dafür die Glaubwürdigkeit der Unterrichtenden spielt oder zumindest spielen könnte“ (41).
Kenner der Szene dürfte es nicht wirklich wundern, dass sich bei den Lehrkräften bezüglich ihrer biographischen Voraussetzungen eine „große Bandbreite“ zeigt (98), und dass sich hinsichtlich der jeweiligen Konfession vor allem zwei gegenläufige Tendenzen ergaben: „Zurückhaltung oder demonstrative Bezugnahmen auf die eigene Prägung und Position“ (112). Deutlich wurde aber auch, dass die meisten Lehrkräfte „um eine sorgfältige Balance zwischen persönlichen Prägungen und professionellen pädagogisch-didaktischen Ansprüchen“ redlich bemüht sind (102).
Belegt, analysiert und kommentiert wird das Ergebnis durch die partielle Wiedergabe von Unterrichtsbeobachtungen und Interviews. Spannend ergänzt wird die Dokumentation durch fünf kurze Kontrovers-Dialoge zwischen Biesinger und Schweitzer zu Themen, an denen sich das ökumenische Gespräch entzündet: Kirche, Heilige, Glaube, Maria, Rechtfertigung.
Insgesamt soll erkennbar werden, dass „Konfessionen“ gegenseitige Bereicherung sein können, weil sie „im Sinne der Diversität verschiedene Aspekte des Christentums stark machen und im Dialog halten“ (126). Das negiert eben nicht die Momente bleibender Fremdheit, und ebenso nicht das Mühen um Einheit und die Betonung des Gemeinsamen – nicht nur im RU.
Wie repräsentativ der Befund ist, werden vor allem die Praktiker – auch außerhalb des Erhebungsgebietes (Grund- und Hauptschulen sowie mehrere Gymnasien im Umkreis von Tübingen) wohl am besten beurteilen können. Wünschenswert bleibt auch eine Fortführung der Studie im Bereich der Berufsschulen, wo die konfessionell-kooperative Praxis bereits das gängige RU-Modell ist.
Insgesamt also ein wichtiger und aufschlussreicher Beitrag, der Lücken in der fachwissenschaftlichen wie praktischen Reflexion benennt und schließen hilft.
Reiner Jungnitsch
Quelle: Religionsunterricht heute. Informationen des Dezernates Schulen und Hochschulen im Bischöflichen Ordinariat Mainz 36 (2008), Heft 3, S. 34.