Wolf Erlbruch
Ente, Tod und Tulpe
München: Verlag Antje Kunstmann 2007
32 Seiten
ISBN 978-3-88897-461-8
Bei den vorliegenden Titeln handelt es sich um zwei Kinderbücher, die in kindgerechter Sprache und Illustration das Thema Tod ansprechen. Bei Erlbruch ist es eine Ente, die mit einem zunächst unangenehmen Gefühl den Tod als ständigen Begleiter in Form eines Knochenmanns in ihrem Leben entdeckt. Nach dem ersten Erschrecken über diese Entdeckung entwickelt sich im gemeinsam erlebten Enten-Alltag beinahe so etwas wie eine Freundschaft und die Ente verliert nach und nach die Angst vor dem Tod.
In kurzen Dialogen werden verschiedene Jenseitsvorstellungen angesprochen, ohne dass eine definitive Festlegung erfolgt. Durch die Auseinandersetzung mit dem Tod gewinnt die Ente eine neue Perspektive auf ihr Leben – im Buch, indem beide einen Baum erklettern und von dort auf den Ententeich blicken. Als die Ente nach einigen Wochen tatsächlich stirbt, bettet der Tod sie behutsam und liebevoll zur Ruhe – mit einer Tulpe, die er von Anfang an bei sich trug, als Blumenschmuck. In dieser kurzen, mit wenigen Worten erzählten Geschichte gelingt es dem Autor, den Tod nicht als schreckliches, unvermeidliches und in unserer Gesellschaft allzu oft tabuisiertes Ende des Lebens, sondern als untrennbar zum Leben gehörigen Begleiter darzustellen. Die einfachen, aber nicht weniger eindringlichen Bilder unterstreichen diesen Blickwinkel eindrucksvoll. So wie die Ente im Zusammensein mit dem Tod ihre Gefühle und Vorstellungen zur Sprache bringt, so kann das Buch zum Erzählanlass für Kinder werden, ihre eigenen Erfahrungen, Ängste oder Jenseitsvorstellungen zu formulieren. Dabei bietet das Bilderbuch in Wort und Bild nicht nur eine einfühlsame, sondern auch unterhaltsame, zuweilen sogar komische Folie. Ebenso humorvoll schildert Nilsson die Geschichte von drei Kindern, die zunächst aus Langeweile auf die Idee kommen, ein Institut für „Die besten Beerdigungen der Welt“ zu gründen und alle verstorbenen Tiere, die sie in ihrer Umgebung finden können, zu bestatten. Sie statten sich mit einem Koffer aus, der das notwendige Handwerkszeug enthält, und beschließen für das Beerdigungsritual eine Arbeitsteilung: Ein Kind gräbt das Grab – auch weil die anderen sich nicht überwinden können, das tote Tier anzufassen -, ein zweites verfasst Gedichte als Grabesreden und das dritte ist für das Weinen zuständig. Auf diese Weise werden an einem Sommertag gefundene tote Tiere wie eine Hummel, eine Maus, ein Igel und ein Hase, von Erwachsenen absichtlich getötete Tiere wie ein altersschwacher Hahn, Mäuse aus Mäusefallen sowie Heringe aus dem Kühlschrank, aber auch der verstorbene Hamster der Nachbarstochter in einem mit Grabstein, Kreuz und Blumenschmuck gestalteten Grab auf einer Waldlichtung, die so zu einem kleinen Friedhof wird, bestattet. Schließlich beerdigen die Kinder eine Amsel, deren Sterben sie selbst miterlebt haben. Dabei lässt der Autor die Kinder ein eigenes Abschieds- und Trauerritual - mit Grabgestaltung, Musik und Gebet einer Beerdigung vergleichbar - entwickeln und im Gespräch, vor allem aber in den kurzen Grabgedichten, ihre eigenen Gedanken zum Thema Tod Alters entsprechend zum Ausdruck bringen. Eher magische Vorstellungen, wie sie für Kindergartenkinder typisch sind, werden dabei ebenso formuliert wie ein sachlich nüchterner Umgang mit den toten Tieren bis hin zu offenen Fragen in Bezug auf das Jenseits. Die Geschichte erhält dabei durch die zum Ausgangspunkt genommene Spielsituation und das völlig unkompliziert und selbstverständlich dargestellte Tun der Kinder eine Leichtigkeit, ohne dass die Ernsthaftigkeit der Gefühle und Gedanken der Kinder im Hinblick auf das Thema in Frage gestellt wird. Gleiches gilt für die Illustrationen von Eva Eriksson. „Die besten Beerdigungen der Welt“ kommen dem Bedürfnis von Kindern entgegen, ihrer Trauer bei der Erfahrung von Tod und Sterben Ausdruck zu verleihen und eine eigene Trauerkultur zu entwickeln. Die erste eigene Erfahrung in dieser Hinsicht machen Kinder tatsächlich häufig beim Verlust eines Haustieres, so dass das Bilderbuch die Lebenswelt der Kinder direkt aufgreift. Die vielfältig dargebotenen Zugänge und Vorstellungen zum Thema regen Kinder an, ihre eigenen Erfahrungen und Erlebnisse im Umgang mit Tod und Sterben zur Sprache zu bringen und dabei auch ihre Gefühle und Vorstellungen zu formulieren. Das im Buch beschriebene Beerdigungsritual kann durch eigene Ideen und Erfahrungen ergänzt werden und die Kinder so anregen, begleitet durch ihre Familie oder Lehrpersonen, eine eigene Form bei der Aufarbeitung von Trauer zu entwickeln. Für die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod und Sterben bieten beide Bücher ebenso einfühlsame wie unterhaltsame lohnenswerte Impulse für das Gespräch mit Kindern ab dem Kindergartenalter.
Ute Lonny-Platzbecker
Quelle: Eulenfisch Literatur 1 (2008), Heft 1, S. 38f. [Literaturbeilage von Eulenfisch. Limburger Magazin für Religion und Bildung]