Christentum - Islam

Buchvorstellung - 03.02.2010

Hansjörg Schmid/ Andreas Renz/ Jutta Sperber/ Duran Terzi (Hg.)
Identität durch Differenz
Wechselseitige Abgrenzungen in Christentum und Islam
(Theologisches Forum Christentum - Islam)

Regensburg: Pustet 2007
264 Seiten
ISBN 978-3-7917-2065-4

Trotz einer Flut an „Aufklärungsliteratur“ zum sicherheitspolitisch aufgeladenen Thema „Islam“ in den letzten Jahren bleiben solide Publikationen rar. Die regelmäßigen Akademie-Veranstaltungen des „Theologischen Forums Christentum – Islam“ in Stuttgart-Hohenheim – dankenswerterweise inzwischen alle publiziert – stellen hier eine Ausnahme dar.
 

Dass sich Nachbarreligionen nicht monadisch entwickeln, sondern sich je nach geographischem Vorkommen durch wechselseitige Abgrenzung und „Identitätssicherungsmaßnahmen“ profilieren, ist für das Zueinander von Judentum und Christentum durch Daniel Boyarin erhellend dargestellt worden. Der vorliegende Band der Reihe geht dem Zueinander von Christentum und Islam auf den Grund. Dazu wurden nicht nur namhafte Autoren aus beiden Religionen wie Muhammad Kalisch „Abgrenzung im islamischen Denken. Theologische und rechtliche Aspekte“, Christian Troll „Der Islam zwischen Abgrenzung und Öffnung gegenüber Nichtmuslimen“ und Peter Antes „Kreuzzüge als ‚Identitätskonflikt‘ aus christlicher Sicht. Historisches Geschehen und symbolische Deutung“ gewonnen. Auch der sinnige fünfteilige Aufbau des Bandes macht ihn zu einem lesenswerten Handbuch der christlich-islamischen Beziehungen mit starkem analytischem Potential (I. Hermeneutik und Theologie der Abgrenzung, II. Koranische und biblische Abgrenzungen und ihre Wirkungsgeschichte, III. Die Kreuzzüge und ihre Rezeption als Beispiel für historische Abgrenzungen, IV. Fundamentalistische Abgrenzungsdiskurse in Christentum und Islam, V. Neue Perspektiven für die Verhältnisbestimmung von Islam und Christentum). Die Perspektiven, die im Schlussteil entwickelt werden, sind so facettenreich und zukunftsweisend wie die dargestellten (zeit-) historischen Hintergründe: Identitätssichernde Abgrenzung wird in einer sich weiter marktförmig und plural organisierenden Gesellschaft auch künftig zum Instrumentarium der Religionen gehören. Respekt vor der Andersheit der Nachbarreligion setzt deshalb deren Kenntnis, ja einen lebendigen und kritischen Dialog mit ihren Vertretern voraus, ermöglicht dann aber auch gemeinsames Handeln der Religionen in den politischen und diakonischen Feldern einer säkularen Gesellschaft. Die in der „Ankara-School“ entwickelte historisch-kritische Lektüre des Korans bietet den Muslimen ein wichtiges Instrumentarium für den selbstreflexiven Umgang mit der eigenen Tradition – eine für den interreligiösen Dialog unerlässliche Fertigkeit.

Joachim Valentin

Quelle: Eulenfisch Literatur 1 (2008), Heft 1, S. 27. [Literaturbeilage von Eulenfisch. Limburger Magazin für Religion und Bildung]