Macht und Ohnmacht

Buchvorstellung - 19.02.2010

Gregor Maria Hoff (Hg.)
Macht und Ohnmacht
Salzburger Hochschulwochen 2007

Innsbruck/ Wien: Tyrolia 2007
240 Seiten
ISBN 978-3-7022-2869-9

Der die Salzburger Hochschulwochen von 2007 dokumentierende Sammelband bietet eine bunte Mischung von unterschiedlichen, meist gut verständlichen und pointierten Perspektiven auf das Thema Macht und Ohnmacht. Eröffnet wird der Band durch einen Beitrag der Gründerin des ursprünglich als Ausstiegsprojekt für Prostituierte in Kenia gegründeten Vereins SOLWODI, Schwester Lea Ackermann, die (nicht nur) Frauen Mut macht, die eigene Ohnmacht durch Zusammenschluss mit anderen zu überwinden.
 

Nach einigen religionssoziologischen Überlegungen Thomas Luckmanns, die vor allem Unterschiede zwischen der amerikanischen und europäischen gesellschaftlichen Situationen in den Blick nehmen (31-60), entfaltet der jetzt in München lehrende Dogmatiker Bertram Stubenrauch verschiedene Deutungen des Kreuzes Jesu in der Theologiegeschichte (61-71), um schließlich seinen kreuzestheologisch motivierten kenotischen Allmachtsbegriff zu entfalten (72-81). Gottes Allmacht wird dabei nicht als Gegensatz zur menschlichen Ohnmacht, sondern als in ihr am Werk verstanden (77) – eine Stellungnahme, die sich deutlich im Mainstream der Dogmatik bewegt, ohne sich besonders profiliert in der gegenwärtigen Debatte zu verorten. Nach diesem eindeutig theologisch akzentuierten Beitrag folgen einige Perspektiven anderer Disziplinen: Die Fernsehchefredakteurin des Rundfunks Berlin Brandenburg Claudia Nothelle stellt Überlegungen zum Einfluss des Fernsehens und anderer Medien auf politische Entscheidungen an (82-95). Der NRW-Familien- und Integrationsminister Armin Laschet versucht in einem leidenschaftlichen Plädoyer zu zeigen, dass in der Politik mehr Gestaltungsräume bestehen als oft behauptet wird, und will auf diese Weise zum politischen Handeln motivieren (96-119). Der Museumsdirektor Jürgen Lenssen beschäftigt sich anhand von vielen im Buch abgedruckten Beispielen von Gemälden und Skulpturen mit der Macht der Bilder (120-164). Nach diesen interdisziplinären Streifzügen kommt wieder ein Theologe zu Wort: Joachim Valentin, Direktor des neu gegründeten Hauses am Dom in Frankfurt, denkt über das Verhältnis von Sprache, Macht und Gott nach (165-201). Nach einer teilweise historisch orientierten philosophischen Einführung versucht er, in einigen anregenden Reflexionen das Beten in der Moderne als „verantwortetes Tagträumen“ und „Erinnerung an den ganz anderen“ neu mit Leben zu erfüllen. Außerdem bietet er einen gut informierten Streifzug durch die Welt der digitalen Medien und versucht, den iconic turn – kritisch durch das christliche Kerygma gefiltert – grundsätzlich positiv zu rezipieren. Den Abschluss des Bandes bildet eine theologisch-biographische Skizze des Johann Baptist Metz, der für sein theologisches Lebenswerk den theologischen Preis der Hochschulwochen zuerkannt bekam (214-223). Gerahmt wird diese Skizze von einer Laudatio für Metz (202-213) und dem Beitrag, der den Publikumspreis gewonnen hat: Kristell Köhler über Macht und Mächte in der Offenbarung des Johannes (224-236). Insgesamt enthält der Band nichts oder kaum etwas theologisch Aufregendes oder irgendwelche überraschenden Innovationen, gleichwohl aber eine anregende und erfreulich bunte Zusammenschau verschiedener Perspektiven auf das Thema.

Klaus von Stosch

Quelle: Eulenfisch Literatur 1 (2008), Heft 1, S. 26. [Literaturbeilage von Eulenfisch. Limburger Magazin für Religion und Bildung]