Mennekes - Kirche - Kunst

Buchvorstellung - 02.02.2010

Zwischen Freiheit und Bindung
Friedhelm Mennekes im Gespräch mit Brigitta Lentz über Kirche und Kunst

Köln: Wienand Verlag 2008
174 Seiten
ISBN 978-3-87909-957-3

Friedhelm Mennekes, der international bekannte Priester, Jesuit und Kunstpater, der in Köln die Kunststation St. Peter mit Anfang seines dortigen Wirkens als Pfarrer vor 21 Jahren gründete und dort in aller Welt beachtete Ausstellungen ausrichtete, hat St. Peter und Köln in den Ruhestand verlassen und damit die Arbeit als Pfarrer und Kunstpater aufgegeben, die ihm in der Kirche auf vielfache Weise Bewunderung und Zustimmung, aber auch verstörte Reaktionen und Ärger als unbequemem Verfechter der Kunst und einer modernen Stadtpastoral eingebracht haben.
 

Zu seinem Abschied aus Köln legte er das oben angezeigte Buch vor, in dem er in zwölf Gesprächen mit der Journalistin Brigitta Lentz über seine Erfahrungen als Priester und Kunstpater Auskunft gibt. Die zwölf Gespräche sind jeweils abgeschlossen und mit einer Überschrift versehen, die den inhaltlichen Faden des Gesprächs festlegt. Sie drehen sich – wer hätte das erwartet – nicht zuerst um die Kunst und die Kirche, um Skandale und Skandälchen, um Klatsch und Tratsch aus Köln, sie drehen sich um die Spiritualität eines Kirchenmannes, den man so nur selten gehört und gelesen hat. Mennekes zieht in den zwölf Gesprächen die spirituelle Summe seiner Arbeit als Priester, Ordensmann und Kunstvermittler, ohne jede Koketterie oder Arroganz dessen, der über mehr als zwanzig Jahre als Kirchenmann im Blitzlicht der Presse gestanden hat. Mennekes´ Buch ist zu einem Lehr- und Lernbuch für Spiritualität geworden. Er weist an seinem Leben auf, was Freiheit und Bindung für den Glauben meint, spricht vom festen Boden und den kreativen Freiräumen, vom Fremden und der Mitte der Welt, vom Glauben und den Zweifeln, von Hingabe und Gehorsam und Gottes Willen. Mennekes entwickelt mit seiner Gesprächspartnerin diese Themen auf dem Hintergrund seiner Erfahrungen; das sind die mit der zeitgenössisch bildenden Kunst und der neuen Musik, die in St. Peter immer auch einen großen und über die Jahre hinweg immer größer werdenden Stellewert hatten. Mennekes macht deutlich, welchen „Drive“ zwei bedeutende kulturelle Größen des zwanzigsten Jahrhunderts, Kunst und Musik, die in diesem Jahrhundert sich substanziell wandelten – Abstraktion und Atonalität – in und für die Spiritualität des Christseins entwickeln und haben können, wenn sie im Leben eines Christen nur bejaht und fruchtbar werden. Zu den schönsten Gesprächen des Buches kann das mit dem Titel „Vom heiligen Kosmos und dem Glauben der Kinder“ gezählt werden. Mennekes, der in St. Peter mit einigen talentierten Helferinnen und Helfern die Kommunionvorbereitung selbst (!) gemacht hat, resümiert in diesem Gespräch, was kindlichen Glauben ausmacht, zu was er befähigt und welches „Futter“ Kinder zum Glauben brauchen. Das Gespräch ist ein Lehrstück in Sachen Religionspädagogik, das auch vor den Themen Gott, Passion, das Böse, Versöhnung, Tod der Eltern nicht Halt macht. Dass Mennekes, der Intellektuelle, der Kunstpater, der Star, dabei auch über sich selbst spricht, über sein Verhältnis zu Kindern und was man von ihnen lernen kann, rührt an. Auf zwei Seiten des Buches am Ende finden sich die Künstlerinnen und Künstler – alle erste Sahne im nationalen und internationalen Kunstbetrieb –, die bei Mennekes ausgestellt haben. Es sind 195 Namen und Ausstellungstitel. 27 wunderschöne, professionelle, schwarz/weiß Fotos von Engelbert Reineke – alle in St. Peter aufgenommen. Sie rahmen die Interviews ein und geben die Atmosphäre dieser Kirche und den Raum von Mennekes´ Kunstverständnis, Liturgie und Pastoral wieder. Sie gehören als Bilder zum Buch wie das Wort des Paters. Mit dem letzten Gespräch des Buches: Von der Disziplin des Abschieds, den Bildern vom Alter und neuen Plänen zeigt Mennekes, wohin die Spiritualität dieses Priester- und Ordenslebens führte, nämlich in die Freiheit, hoch diszipliniert „Adieu“ zu sagen und das eigene Ende als Glaubender zu denken. Nicht nur hiervon kann Mann und Frau in diesem beachtenswerten Buch lernen.

August Heuser

Quelle: Eulenfisch Literatur 1 (2008), Heft 1, S. 22f. [Literaturbeilage von Eulenfisch. Limburger Magazin für Religion und Bildung]