Irmgard Weth
Bibel-Fest-Spiele
Biblische Geschichten inszenieren und feiern
Neukirchen-Vluyn: Aussaat Verlag 2005
208 Seiten
ISBN 978-3-7615-5386-2
Irmgard Weth, die erfahrene Erzählerin biblischer Geschichten, stellt in diesem Band Modelle vor, wie man biblische Geschichten als Aufführung inszenieren kann. Die Vorschläge sind entstanden aus der Praxis der alljährlich stattfindenden Neukirchener „Bibel-Fest-Spiele“, mit ca. 30 Minuten dauernden Inszenierungen ausgewählter biblischer Erzählungen im Rahmen eines Festgottesdienstes. Sie sind für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 15 Jahren gedacht und setzen keine biblischen Vorkenntnisse voraus.
Das Buch umfasst eine spannende Auswahl von insgesamt elf Erzählungen (7 AT, 4 NT). Aus dem AT begegnen zum einen Erzählungen, die Grundschulkinder aufgrund ihres „märchenhaften“ Charakters besonders ansprechen und faszinieren: die Rettung des kleinen Mose (Ex 1-2) unter „S.O.S. – rettet die Kinder!“, und Erzählun- gen über Daniel, z.B. Daniel in der Löwengrube (Dan 1,5 und 6). Daneben widmet die Autorin sich kaum gelesenen aber bedeutsamen Perikopen. Gleichsam als Motto über das Buch behandelt das erste Bibelspiel unter der Überschrift „Schatz entdeckt!“ den Fund der Torarolle unter König Josija (2 Kön 22). Ein für Kinder zentrales Thema „So ist Versöhnung“ greift die tiefe Sehnsucht nach Versöhnung und Frieden auf. Bemerkenswert ist, dass die Autorin dazu nicht die bekannte Versöhnung zwischen Josef und seinen Brüdern, sondern die zwischen König David und Mefi-Boschet (2 Sam 9) gestaltet. Mit der Auswahl der Eroberung Jerichos durch Josua (Jos 1-6) wagt sich I. Weth an die theologisch schwierige Thematik der Landnahme und legt daraus die Botschaft offen: „Wenn der Weg verbaut ist“ – dann braucht man trotzdem im Vertrauen auf Gott nicht mutlos zu werden. Auch aus dem NT greift sie bekannte Erzählungen auf, so die von König Herodes und dem Jesuskind (Mt 2) oder Jesu Gleichnis vom großen Gastmahl („Einladung zum Fest“; Lk 14). Daneben werden weniger bekannte Erzählungen umgesetzt: Die Erfahrung „Zutritt verboten“ wird entfaltet anhand der Erzählung von Petrus und dem Bettler am Tor (Apg 3-4), die Grunderfahrung „Endlich frei“ mit Paulus und dem Wachtmeister von Philippi (Apg 16). Die Überschriften zeigen schon das zentrale Anliegen der Autorin, biblische Geschichten nicht für sich allein zu sehen, sondern sie in Beziehung zu setzen zur Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen heute. Weths Ziel ist es, durch die Darstellung neue Zugänge zur biblischen Botschaft zu eröffnen und so erfahren werden zu lassen, „dass die Bibel nicht nur ein Lesebuch, sondern ein ‚Lebebuch’ (Luther) ist, in dem eine Fülle und Vielfalt menschlicher Erfahrungen mit Gott enthalten ist“ (S. 8). Die vorgestellten szenischen Spiele eröffnen die Möglichkeit, sich auf die Bibel einzulassen und eigene Fragen und Hoffnungen darin zu entdecken. Jede biblische Erzählung wird transparent auf die zentrale Botschaft von Gottes Liebe und Zuwendung zu allen Menschen, den biblischen wie uns heutigen, mit all ihren/unseren Fehlern und Begrenzungen. Positiv hervorzuheben ist, dass zunächst in einem Einführungskapitel notwendige Faktoren für den „Erfolg“ der biblischen Geschichten angeführt werden: die eigene und gemeinsame intensive Auseinandersetzung mit dem biblischen Text, das Schaffen eines Erlebnisraums, d.h. die biblischen Texte so umzusetzen, dass die Zuschauer sich selbst als Teil des Geschehens erleben, der Aufbau eines Spannungsbogens, auch durch die Gestaltung des äußeren Rahmens und als Abschluss eine gemeinsame offene Festfeier, an der Akteure und Zuschauer teilnehmen können. Als Hilfe für die eigene Inszenierung ist jedem Vorschlag ein einführendes Kapitel vorangestellt, in dem das Thema erläutert und seine Relevanz für heute angesprochen wird. Danach folgt eine Erschließung der Textgrundlage, in der der historische Hintergrund auch für „Nicht-Insider“ verständlich skizziert wird, bevor dann die Hauptakteure der Erzählung in ihren spezifischen Merkmalen und Charakterzügen eingeführt werden. Eine Nennung der Ziele sowie hilfreiche Hinweise zur Gestaltung der Rollen und zur Raumgestaltung runden die Ausführungen ab. Durch die Gestaltung der Szenen gelingt es der Autorin, eine Verbindung zwischen der Welt der Bibel und den zuschauenden Kindern und Jugendlichen zu schaffen. Das Auftreten eines Kommentators, der in das Geschehen einführt und eigene Gedanken zum Verhalten der Hauptakteure äußert, fordert die Zuschauenden dazu heraus, sich selbst mit den biblischen Personen auseinander zu setzen. Auch die anschauliche und plastische Darstellung der Hauptakteure (auch wenn die Charaktere gelegentlich etwas stark vereinfach und typisiert werden) sowie die lebendigen und leicht verständlichen Dialoge bzw. Selbstgespräche der Akteure eröffnen Identifikationsmöglichkeiten und bieten Modelle für eigenes Verhalten. Insgesamt ist das religionspädagogische Grundkonzept des Buches uneingeschränkt positiv zu würdigen: Die Distanz zwischen den biblischen Erzählungen und heutigen Lebenserfahrungen wird aufgebrochen; durch die Verlebendigung der biblischen Erzählungen wird jede und jeder mit hineingenommen in die froh machende Botschaft von Gottes Liebe zu den Menschen. (Gabriele Theuer)
Quelle: Informationen für Religionslehrerinnen und Religionslehrer Bistum Limburg 36 (2007), Heft 1/2, S. 66f.