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Lehrer fit für Diversität

Nachrichten | 13.01.2016

Prof. Nele McElvany, Direktorin des Instituts für Schulentwicklungsforschung (IFS) der TU Dortmund, sieht die Lehrkräfte an den Schulen für die Herausforderung fachlich gut gerüstet, wenn in den kommenden Monaten Tausende von Flüchtlingskindern an die Schulen kommen. Eine vielfältige Schülerschaft sei für die meisten Lehrerinnen und Lehrer kein Grund zur Sorge.

 

Die Konzepte zum Unterricht sind da

Mindestens 325.000 Flüchtlingskinder, so eine Schätzung der Kultusministerkonferenz, sind in den vergangenen beiden Jahren nach Deutschland gekommen und müssen nun in den Schulen unterrichtet werden – eine große Herausforderung für die Lehrerinnen und Lehrer. In jüngster Zeit werden verstärkt Sorgen geäußert, dass die Schulen mit so vielen Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund überfordert werden könnten. Prof. Nele McElvany, Direktorin des Instituts für Schulentwicklungsforschung (IFS) der TU Dortmund, sieht die Lehrkräfte allerdings für die Herausforderung fachlich gut gerüstet. „Seit dem PISA-Schock haben sich die Schulen stark auf die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund fokussiert. Vor allem im Bereich der Sprachförderung hat sich viel getan. Das zahlt sich jetzt aus – die Konzepte sind da“, so die Bildungsforscherin. „Wir fangen nicht bei null an.“ Auch die Einstellung der meisten Lehrkräfte zu heterogenen Lerngruppen sei positiv.


Die Grundschulen etwa haben sich laut Professorin McElvany bei den großen und nach wie vor aktuellen internationalen Vergleichsstudien IGLU 2011 (Lesekompetenzen) und TIMSS 2011 (mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen) als überaus leistungsfähig erwiesen. Die deutsche Projektleitung der Studie IGLU 2011 war am IFS angesiedelt, bei den derzeit laufenden Studien IGLU 2016 und TIMSS 2015 ist das IFS federführend. Danach erreichen Viertklässlerinnen und Viertklässler in Deutschland im internationalen Vergleich im Lesen, in Mathematik und in den Naturwissenschaften ein Kompetenzniveau, das im oberen Drittel liegt. In allen Bereichen liegen die Ergebnisse über dem OECD-Mittelwert und über dem EU-Mittelwert. Und: Besonders positiv fielen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund auf. Sie verbesserten gegenüber den Vorgängerstudien in allen drei Bereichen ihre Leistungen; der Abstand zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern ohne Migrationshintergrund wurde sichtbar verringert.

 

Positive Einstellung zur heterogenen Schülerschaft


Grund zum Optimismus – so McElvany – biete auch die Tatsache, dass die Mehrheit der befragten Lehrkräfte positiv gegenüber einer heterogenen Schülerschaft eingestellt sei, also Unterschiede in Leistung und sozialem sowie kulturellem Hintergrund (die durch Flüchtlingskinder ja zunächst vergrößert werden) nicht mehr als Lernhindernisse betrachteten. Dies belegen aktuelle Studien, die am IFS durchgeführt werden. Danach lässt sich feststellen:
• Bezüglich der Einstellungen und Motivation zu kultureller, leistungsbezogener und sozialer Heterogenität von Lehrkräften lässt sich sagen, dass diese insgesamt positiv ausgeprägt sind.
• Im Mittel schätzen die Lehrkräfte heterogene Lerngruppen als wertvoll für Schülerinnen und Schüler beispielsweise bezüglich deren schulischem Lernen, der Persönlichkeitsentwicklung und dem Erwerb sozialer Kompetenzen ein.
• Neben dieser positiven Einschätzung zur Nützlichkeit heterogener Schülergruppen für Schülerinnen und Schüler sind die Lehrenden selber auch motiviert, heterogene Schülergruppen zu unterrichten und bewerten den erwarteten eigenen Erfolg im Umgang mit Heterogenität im Durchschnitt günstig.
• Gleichzeitig wird allerdings auch der eigene Aufwand beim Umgang mit heterogenen Schülergruppen im Bereich Zeit und Anstrengung (insbesondere für leistungsheterogene Gruppen) gesehen.
• Negative Emotionen der Lehrenden wie Stress oder Sorge in Bezug auf das Unterrichten heterogener Schülergruppen sind niedrig, bei einem Teil der Lehrerschaft aber auch vorhanden.
„Einstellungen und Motivation stellen wichtige Kompetenzen von Lehrkräften dar, die über das Lehrverhalten im Unterricht auf die Unterrichtsqualität und somit auch auf die Leistungen der Schülerinnen und Schüler wirken“, so erklärt Prof. McElvany. Dass gleichwohl mehr Ressourcen etwa in Form von zusätzlichen Lehrerstellen nötig seien, um die Schulen für die zusätzlichen Schülerinnen und Schüler angemessen auszustatten, sei von den Befunden natürlich unberührt.

 

Das Institut für Schulentwicklungsforschung


Das Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS) an der TU Dortmund gehört mit seinen rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den größten Bildungsforschungsinstituten in Deutschland. Gründer und langjähriger Leiter des IFS war Prof. em. Dr. Hans Günter Rolff. Von 2005 bis 2014 wurde das Institut von Prof. Dr. Wilfried Bos geleitet. Seit 2014 liegt die Leitung bei Prof. Nele McElvany.

 

Material

Liste von Hinweisen und Unterrichtsmaterial zum Thema "Flucht".

 

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(UN)

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