Uns ist der Mensch wichtiger als seine Leistung

Nachrichten | 28.11.2008

Erzbischof Hans-Josef Becker eröffnete dem 5. Bundeskongress zum Thema "Katholische Schulen und ihr sozialer Bildungsauftrag" mit einem Plädoyer für die Wertschätzung und Förderung der Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler - gerade auch benachteiligter Kinder.

ESSEN/PADERBORN.- „Jungen Menschen mit Aufmerksamkeit, Ehrfurcht und Achtung zu begegnen, sie wahrzunehmen, ihnen zur Seite zu stehen und sie adäquat zu fördern, das muss die Stärke Katholischer Schulen sein“; sagte Erzbischof Hans-Josef Becker beim fünften Bundeskongress Katholische Schulen mit rund 250 Teilnehmern aus dem Schul- und Bildungsbereich. Erzbischof Becker, Vorsitzender der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz, eröffnete am Freitag in Essen den Bundeskongress zum Thema „Katholische Schulen und ihr sozialer Bildungsauftrag“ und nahm an einem Podiumsgespräch unter anderem mit Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Präsidentin der Kultusministerkonferenz, teil.

Wer unter christlichen Vorzeichen und aus christlicher Motivation Schulen unterhalte, stehe unter dem Anspruch, sich mit besonderer Aufmerksamkeit jenen Kindern und Jugendlichen zu widmen, die in irgendeiner Weise benachteiligt seien, sagte Erzbischof Becker. Die Förderung Benachteiligter sei dabei kein exklusives Thema für Förderschulen. „Kinder und Jugendliche, die mit den unterschiedlichen Problemen, Handicaps, Schwächen oder Notlagen zeitweise oder dauerhaft zu kämpfen haben, begegnen uns in unseren Grund-, Haupt- und Volksschulen ebenso wie in unseren Berufskollegs, in unseren Gymnasien genauso wie in unseren Gesamtschulen oder in unseren Real-, Mittel- und Sekundarschulen.“

Schülerinnen und Schüler, aber vor allem deren Eltern und externe Evaluatoren bestätigten immer wieder: „Einer der großen Pluspunkte Katholischer Schulen ist das meist überdurchschnittlich gute Schulklima, die gute Atmosphäre, das freundliche, nicht selten geradezu freundschaftliche Miteinander auch im Lehrer-Schüler-Verhältnis“, sagte Erzbischof Becker weiter. Das sei kein Zufall, denn dahinter stehe das christliche Menschenbild: Die uneingeschränkte Wertschätzung jeder Person, weil sie Geschöpf und zugleich Ebenbild Gottes sei.

„Die letzte Motivation unseres pädagogischen Handelns ist nicht die Sicherung des Standortes Deutschland, sondern wir fühlen uns verpflichtet, die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen um ihrer selbst willen zu fördern, zu erziehen und zu begleiten.“

„Uns ist der Mensch wichtiger als seine Leistung“, konkretisierte Erzbischof Becker. „Die letzte Motivation unseres pädagogischen Handelns ist nicht die Sicherung des Standortes Deutschland, sondern wir fühlen uns verpflichtet, die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen um ihrer selbst willen zu fördern, zu erziehen und zu begleiten.“ Eben diese Grundhaltung führe gerade nicht dazu, dass an Katholischen Schulen weniger geleistet werde als an anderen. Wertschätzung motiviere und sei deswegen ein wirksames Mittel auch zur Förderung tendenziell benachteiligter Schülerinnen und Schüler.

Die Förderung benachteiligter junger Menschen sei allerdings auch im Katholischen Schulwesen eine „riesige und wachsende Herausforderung“, erläuterte Erzbischof Becker. Wenn der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in der Altersgruppe der 5- bis 10-jährigen bundesweit 30 Prozent betrage, müsse nach der Offenheit Katholischer Schulen für diese Kinder und Jugendlichen gefragt werden. Katholische Schulen müssten sich auch daran messen lassen, wie offen und einladend sie auf junge Menschen aus einkommensarmen Familien wirkten, führte Erzbischof Becker aus. „Dabei geht es nicht nur um die wichtige Frage der Aufnahmeverfahren, sondern auch um vielfach unbewusst und unabsichtlich ausgesandte Signale, beispielsweise in Form von teuren Klassenfahrten oder Materiallisten.“ Die umfangreiche Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen und kirchlichen Leben sei auch für Katholische Schulen eine Herausforderung. Dabei könne sich im Bereich der Bildung eine „Kultur der Achtsamkeit“ bewähren, die den Blick auf die Fähigkeiten und Potentiale von Menschen mit Behinderung richte und sie bei deren Entfaltung unterstütze. „Wir können den Skandal nicht hinnehmen, dass unzähligen Kindern schon im Mutterleib allein wegen des Verdachts auf eine mögliche Behinderung das Recht auf Leben abgesprochen wird.“

Beim fünften Bundeskongress Katholische Schulen hielt Professorin Dr. Marianne Heimbach-Steins (Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre und Allgemeine Religionssoziologie an der Universität Bamberg) den Hauptvortrag zum Thema „Das Menschenrecht auf Bildung: Ein Maßstab für den sozialen Bildungsauftrag Katholischer Schulen“. Am Podiumsgespräch zur Frage „Benachteiligte Schülerinnen und Schüler in allen Schulformen fördern: Wie kann dieser Anspruch Wirklichkeit werden?“ diskutierten Erzbischof Hans-Josef Becker, Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (Präsidentin der Kultusministerkonferenz), Professor Dr. Klaus Klemm (Bildungswissenschaftler der Universität Duisburg-Essen) und Professorin Dr. Claudia Solzbacher (Lehrstuhl für Schulpädagogik an der Universität Osnabrück).

Derzeit gibt es in Deutschland 1.140 Katholische Schulen mit rund 380.000 Schülerinnen und Schülern. Die meisten Katholischen Schulen befinden sich in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen. „Katholischen Schulen in freier Trägerschaft“ gibt es im Erzbistum Paderborn: 18 Gymnasien, 6 Realschulen, 8 Berufskollegs, 9 Förderschulen, 2 Internate.(pdp Erzbistum Paderborn/http://www.erzbistum-paderborn.de/)

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Erzbischof Hans-Josef Becker ist Vorsitzender der Kommission für Erziehung und Schule der Deutschen Bischofskonferenz

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(UN)

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