Gefangen im virtuellen Netz?

Nachrichten | 17.11.2008

TRIER.- Die eigene Internet-Seite, Online-Communities oder Blogs: unübersehbar vielfältig sind heute die Möglichkeiten, sich selbst im Internet öffentlich darzustellen. Unter dem Titel „Gefangen im virtuellen Netz? Selbst-Mitteilung im Internet und moralische Kompetenz“ beschäftigte sich der Moraltheologe Prof. Johannes Brantl in seiner Antrittsvorlesung am Montag, 3. November in der Promotionsaula des Priesterseminars mit den Chancen und Gefahren der Selbstdarstellung im Internet.

Brantl sieht nicht nur die „Gefahr, dass sich der Mensch durch das Internet in einem regelrechten Dschungel an Informationsangeboten verirren oder von verderblichem Informationsmüll zugeschüttet werden könnten.“ Diese Herausforderung habe auch schon bei herkömmlichen Massenmedien und auch schon im „Labyrinth“ der Bibliotheken bestanden. „Die wirklich neue Herausforderung durch das Informations- und Kommunikationsmedium Internet liegt in der bereits erwähnten Möglichkeit des Einzelnen, selbst als ein an die breitere Öffentlichkeit gerichteter Sender aktiv zu werden, wobei dann aber eben weniger der nochmals erweiterte Wildwuchs sachbezogener Informationen, sondern vielmehr das bisher so nicht gekannte Wuchern personenbezogener Informationen mittels Internetpräsenz das eigentliche Problem ausmacht“, präzisierte Brantl. Der Weg liege „in der rechten Mitte“. Ein Zuwenig an Informationspreisgabe schränke Vorteile und Funktionen des Internets ein, ein Zuviel berge die Gefahr des „gläsernen Nutzers“ und des Missbrauchs. Der Moraltheologe warnte vor „einem verängstigten Meideverhalten“ und einer „Widerstandsethik“. Damit sei ebenso wenig gewonnen, wie „mit einer übermütig-naiv-bequemen Online-Aktivität“. „Beide Komponenten der neuen Selbst-Mitteilung und Selbstdarstellung im Internet müssen also ins Auge gefasst werden: nämlich die positiv zum Gelingen menschlichen Lebens beitragende Verwirklichung von Werten einerseits und der negativ zur Schwächung einer Kultur des Humanen führende Missbrauch personenbezogener Informationen andererseits“, forderte Brantl, der seit 1. April Inhaber des Lehrstuhls für Moraltheologie an der Theologischen Fakultät Trier ist. Stattdessen plädierte er aus theologischer Sicht für eine „technikbegleitende, missbrauchsverhindernde Ethik“, die die Chancen des Internets nutze und Fehlentwicklungen gegensteuere.



Nutzern gab der Theologie-Professor konkrete Tipps mit auf den Weg: Nur solche Informationen solle man über sich verbreiten, die auch im Lokalteil der Zeitung stehen könnten. Kontakt-Anfragen solle man vorsichtig behandeln und technische Möglichkeiten wie Datenverschlüsselung solle man auf jeden nutzen, auch wenn sie umständlich und unbequem seien. Nutzer sollten auch generell auf die „fesselnde und verstrickende Wirkung“ des Internets achten. „Wo die Freude an Kommunikation und Aufmerksamkeit in medialer Vermittlung zur Sucht, das heißt der Cyberspace dem greifbaren Leben vorgezogen wird, da ist tatsächlich Hilfe geboten“, warnte Brantl. (Bistum Trier)--

 

 

 

(UN)

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