Jahrmarkt der Religionen: "Markthypothese" greift in Deutschland nicht

Nachrichten | 07.01.2008
Wirkungen religiöser Vielfalt sind anders als erwartet

"Wettbewerb belebt das Geschäft" auch auf dem Markt der Religionen - so lautet die Hypothese vor allem amerikanischer Religionssoziologen. Doch obwohl sich immer mehr Religionsgemeinschaften auf engem Raume drängen, nimmt die Religiosität der Menschen in Deutschland nicht zu, stellen Bochumer Religionswissenschaftler um Prof. Dr. Volkhard Krech (Evangelisch-Theologische Fakultät) fest. Die Menschen sind zwar zwischen zahlreichen "Heilsanbietern" unterwegs - doch sie binden sich nicht.

Wirkungen religiöser Vielfalt sind anders als erwartet

"Wettbewerb belebt das Geschäft" auch auf dem Markt der Religionen - so lautet die Hypothese vor allem amerikanischer Religionssoziologen. Doch obwohl sich immer mehr Religionsgemeinschaften auf engem Raume drängen, nimmt die Religiosität der Menschen in Deutschland nicht zu, stellen Bochumer Religionswissenschaftler um Prof. Dr. Volkhard Krech (Evangelisch-Theologische Fakultät) fest. Die Menschen sind zwar zwischen zahlreichen "Heilsanbietern" unterwegs - doch sie binden sich nicht. Ob dieser Befund Allgemeingültigkeit besitzt, wird nun ein europäisches Projekt in Kooperation mit Finnland und Slowenien klären.

Religiöse Vielfalt im Stadt-Land-Vergleich

"Wir sehen das genaue Gegenteil der Forschungshypothese", stellt Markus Hero fest, "in den Städten, wo der Wettbewerb am stärksten ist, gehören viel weniger Menschen einer Religionsgemeinschaft an als auf dem Land. Die ländlichen Gebiete, etwa Münster- oder Sauerland, sind bei einer eher homogenen Strukturierung religiös vitaler. Die vielen religiösen Organisationen und esoterischen Strömungen von Astrologie bis Zen, die sich in den Städten drängen, haben alle eine geringere Mitgliederzahl als die etablierten Kirchen - sie kompensieren die Austritte aus den christlichen Kirchen nicht. Die "Markthypothese" ist im Zuge des religiösen Wandels, des Hervortretens neuer, nicht christlicher Ausdrucksformen des Religiösen in den westlichen Gesellschaften besonders interessant mit Blick auf die europäische Integration.

"Religiöser Markt" unter anderen Bedingungen

Nachdem die Bochumer Studie - die weltweit erste, die Religionsgemeinschaften flächendeckend erfasst - für Deutschland gezeigt hat, dass sich bei religiöser Vielfalt viel weniger Menschen in einer Religionsgemeinschaft binden, untersuchen die Forscher nun die "Markthypothese" unter anderen politischen Rahmenbedingungen: In Finnland etwa, wo die Lutherische Staatsreligion seit langem einen starken Einfluss ausübt, können sich neue Religionen möglicherweise viel schwerer etablieren. Slowenien ist ein überwiegend katholisch geprägtes Land, das Jahrzehnte hinter dem Eisernen Vorhang lag, weniger stark industrialisiert und ländlicher ist als Deutschland und Finnland. Vielleicht findet die Pluralisierung in diesen Ländern innerhalb der vorherrschenden Religionen statt.

Und schon herrscht "Marktrethorik" unter Christen

Sollten "Marktgebaren", aggressive Wettbewerbsstrategien, gezieltes Ansetzen an den Alltagsbedürfnissen der "Kunden" funktionieren, so dürfte dies zu einer Popularisierung der Religionen führen. Auch die etablierten Religionen müssten "Religionsmakteting" betreiben und überlegen, wie sie ihre Angebote für die Kunden attraktiver machen. Die "Marktrethorik" hat innerhalb der christlichen Kirchen bereits eingesetzt.

Weitere Informationen

Markus Hero, Religionswissenschaft, Evangelisch-Theologische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, Tel.: 0234/32-23878, - 22272, E-Mail: hero@religionswissenschaft.org, über das Projekt berichtet auch das aktuelle Wissenschaftsmagazin RUBIN:
http://www.rub.de/rubin und http://www.religion-plural.org

Quelle: IDW, Dr. Josef König, Ruhr-Universität Bochum

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(UN)



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