Eindrucksvolle Trauerarbeit: Ökumenischer Preis in Locarno

Nachrichten | 22.08.2007

Ein eindrückliches Porträt einer Berberfamilie, die sich dem Tod ihres Sohnes stellen muss, entwirft der algerische Film La maison jaune (Das gelbe Haus) von Amor Hakkar, Frankreich/Algerien 2007. Beim 60. Internationalen Filmfestival Locarno (1.8. - 11.8.2007) erhielt Hakkars Film den Preis der Ökumenischen Jury.

Der Sohn eines Bergbauern stirbt in einem Unfall und der Vater macht sich auf, den Leichnam auf seinem Traktor zurück ins Dorf zu führen. Im ersten Teil ist der Film ein arabisch-sprachiges Roadmovie, das den Ritus der Bestattung in einem islamischen Land im Blick hat. Dann wendet sich Regisseur der privaten Verabeitung des Ereignisses zu. Die Mutter hat sich vollständig in ihre Trauer zurückgezogen. Erst als ein Video auftaucht, das Bilder ihres Sohnes enthält, beginnt eine Veränderung.

Die Ökumenische Jury hält in ihrer Begründung fest, der Filkm zeige «wie Bilder einen Heilungsprozess ermöglichen.» Weiter begründet die Jury unter dem Vorsitz des deutschen Theologen und Filmfachmannes Thomas Kroll ihren Entscheid mit Werten aus der islamisch geprägten Berber-Kultur: «Die Hoffnung überwiegt die Unbill des Lebens. Mitten in der Trauer um ihren verstorbenen Sohn findet eine algerische Berber-Familie Kraft, Erneuerung, Liebe und Unterstützung sowohl innerhalb der Familie und bei allen, denen sie begegnen. Amor Hakkars Film arbeitet sensibel und humorvoll mit poetischen und subtilen Mitteln.»

Der Regisseur Amor Hakkar, der selbst die Rolle des Vaters spielt, verarbeitet in dem Film eigene Erlebnisse: „Auch ich musste den Leichnam meines Vaters von Frankreich bis in sein Beduinendorf im Aurès geleiten. Während dieser wenigen Tage wurde ich mit einer zähen Bürokratie konfrontiert und der Trauer von Männern und Frauen, die mir unbekannt waren. Ich wurde getragen von mitleidsvollen Blicken und anonym gebliebene Hände unterstützten mich. Ich liebte diese Menschen, die mir ja letztendlich glichen. Ich hatte schon beinahe vergessen, dass ich ein Kind des Aurès bin. All diese Begegnungen ließen in mir den innigen Wunsch entstehen, dort einen Film zu drehen."

Der Preis der Ökumenischen Jury ist mit Fr. 20.000 dotiert und wird von der römisch-katholischen Kirche und von den reformierten Kirchen der Schweiz getragen.

Mitglieder der Ökumenischen Jury waren:

 

  • Thomas Kroll (Deutschland) - Präsident
  • Robin E. Gurney (Großbritannien)
  • Julia Helmke (Deutschland)
  • Jes Nysten (Dänemark)
  • Daria Pezzoli–Olgiati (Schweiz)
  • Karen Merced Willner (USA)

 Informationen zur Ökumenischen Jury

 

 

Folgen Sie rpp-katholisch.de via     Facebook     Twitter     Newsletter