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Solidarität – ein Thema im Religionsunterricht

Nachrichten | 13.03.2025

Wie erarbeitet man im Unterricht einen Solidaritätsbegriff und schult zugleich Medienkompetenz? Welche Methoden eignen sich, um Solidarität im Religionsunterricht zu behandeln? Das Team vom ReliBoard des Bereichs Schule und Hochschule im Bischöflichen Generalvikariat Essen hat sich dem Thema gewidmet und eine Materialsammlung zusammengestellt.

Gerade in der Fastenzeit und zu Ostern ist Solidarität für Christinnen und Christen von wesentlicher Bedeutung, denn Jesus Christus hat Toleranz und Solidarität vorgelebt und sie zu zentralen christlichen Werten gemacht. Das Team vom ReliBoard in Essen hat aus diesem Anlass eine umfangreiche Materialsammlung erstellt.

"Die Fastenzeit ist - übrigens nicht nur im Christentum, sondern auch im Islam - nicht nur eine Zeit des Verzichts. Sie ist eine Zeit der Besinnung auf mich, eine Zeit der Hinwendung zu anderen und zu Gott. Diese Zeit erinnert uns daran, dass wir nicht allein für uns selbst leben, sondern Teil einer Gemeinschaft sind", sagt Katharina Olgun, Leiterin des Bereichs Schule und Hochschule im Bistum Essen. "So ist Fasten nicht einfach Verzichten, sondern kann ein "Mehr" im Leben sein: Mehr Zeit, mehr Achtsamkeit sowohl für mich als auch vor allem für die Menschen in meinem Leben und auf dieser Welt."

Solidarität hat religiöse Wurzeln

In der Rubrik ReliVanz greifen die Mitarbeiterinnen des ReliBoards den zentralen Begriff auf und versuchen eine Klärung. "Gerade im Religionsunterricht bietet sich in der Fastenzeit eine wertvolle Gelegenheit, den Gedanken der Solidarität zu vertiefen", sagt Katharina Olgun. "Es geht darum, nicht nur die eigenen Befürfnisse, sondern auch die Perspektiven anderer Menschen, insbesondere von Schwächeren oder Benachteiligten mitzudenken."

Die Einführung des Solidaritätsbegriffs erfolgt über die einfache Fragestellung: Solidarität – alle reden darüber, aber was ist eigentlich gemeint? Die Materialsammlung stellt Beziehungen zu relevanten Bibelstellen her, zeigt religiöse Wurzeln und klassifiziert Solidarität als Gemeinsinn und Gemeinschaftstreue, als innere Haltung, soziale Praxis und institutionell als Bildungsauftrag, als Solidaritätsbeitrag oder Sozialbeitrag.

Und das Thema Solidarität ist aktueller denn je. "Diese Haltung von Solidarität als Gemeinschaftstreue bedeutet, dass wir füreinander einstehen, Verantwortung übernehmen und uns gegenseitig unterstützen. Die Gabe von Almosen gehört daher eigentlich auch klassisch zum Fasten dazu: Ich gebe von dem, was ich habe, damit es allen in unserer Gemeinschaft zu Gute kommt", erklärt die Bildungsreferentin Katharina Olgun.

Im Material werden hierzu praktische Beispiele für eine funktionierende Gesellschaft angeführt, wie beispielsweise die Krankenversicherung als solidarisches System oder die Finanzkooperative als Beispiel für die Abkehr von individuellem Besitzdenken.

Solidarität hat Geschichte und ist ein Grundpfeiler der Gesellschaft

Darüber hinaus zeigt die Materialsammlung die Spuren gelebter Solidarität in der Geschichte, wie beispielsweise die Historie der Duisburger Brücke der Solidarität. Aufgrund der drohenden Schließung des Krupp-Hüttenwerks1987 sperrten Stahlarbeiter die Brücke, die den links- und rechtsrheinischen Teil Duisburgs verbindet. Zehntausende Stahlarbeiter schlossen sich zu Protesten und zum Arbeitskampf zusammen. Die Rheinbrücke wurde 1988 von den Arbeitnehmern in Brücke der Solidarität umbenannt. Auch wenn der Protest die Stahlwerke nicht rettete übernahm die Stadt Duisburg später den neuen Brückennamen.

Was hat Solidarität mit Christsein zu tun?

Thematisch behandelt die Sammlung auch die Frage, was Solidarität mit Christsein und Politik zu tun hat. "Ostern als Fest der Auferstehung verstärkt diesen Gedanken der gegenseitigen Unterstützung: Es ist ein Fest der Hoffnung, der Erneuerung und der Gemeinschaft. Im christlichen Glauben steht der Kreuzestod Jesu für eine bedingungslose Hingabe aus Liebe zu den Menschen. Jesus hat sich mit den Leidenden, Ausgegrenzten und Schwachen solidarisiert und ist für sie eingetreten – bis hin zum Tod", sagt Katharina Olgun. "Sein Opfer zeigt die tiefste Form der Solidarität: Er trägt das Leid der Anderen mit. Damit zeigt sich: Solidarität ist eine Kraft, die Leben verändern kann."

Mit Blick auf die Wahlen in diesem Jahr erklärt das Material die Handlungsverantwortung des Einzelnen in Bezug auf das Engagement für die Gesellschaft und in der Gesellschaft auf. „Solidarität bedeutet, sich nicht nur um die eigenen Interessen zu kümmern, sondern auch die Perspektiven von Schwächeren oder Benachteiligten mitzudenken. Jesus fordert uns auf, auch die Fremden und Schwachen in unsere Mitte aufzunehmen. Das heißt, Menschen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Religion mit Würde zu begegnen und denen beizustehen, die von rassistischer oder diskriminierender Politik betroffen sind“, heißt es im Impuls ReliVanz.

Solidarität im Unterricht

Für die Umsetzung im Unterricht werden zwei Themenfelder mit Unterrichtsmaterialien unterschieden, die für jeweils unterschiedliche Klassenstufen geeignet sind.

Das Inhaltsfeld 1: Menschsein in Freiheit und Verantwortung ist für die Primarstufe und die Sekundarstufe I geeignet. Hier kommt es zur methodischen Umsetzung des Begriffes in Ideen zum Ankommen und Kennenlernen, zu Kooperation und Gruppenfindung.

Mit diesen Unterrichtsvorschlägen prägen Lehrerinnen und Lehrer in Spielen wie Bingo, Wahrheit oder Lüge und mit kreativen Erzählmethoden durch Fotokarten oder mit einem Visionboards die Klassengemeinschaft. Außerdem wird der Klassenzusammenhalt über Kommunikationsspiele, einen Turmbau oder der Stuhlkreis-Spiele gestärkt. Digitaler Unterrichtsideen, wie Quizze, Actionbound oder Social-Media-Simulatoren, runden die Unterrichtsmaterialsammlung für die Schülerinnen und Schüler ab.

Für die Sekundarstufe II finden sich im Inhaltsfeld 5: Verantwortliche Handeln aus christlicher Motivation Unterrichtsmaterialien zum Thema Solidarität. Von Filmen, über Buchtipps und Bildimpulse, und Musikimpulse greifen die Materialien wesentliche Interessensbereiche für Jugendliche und junge Erwachsene auf. Zusätzlich thematisieren die Materialien komplexe und kontroverse Sachverhalte und Themen, wie Politik, die Schöpfungserzählung als Utopie, der ethische Streitpunkt der Todessstrafe und Gott in der Verfassung auf.

ReliVanz: Demokratie als Haltung im Lernprozess

In diesem Zusammenhang kommt auch der Demokratiebegriff nicht zu kurz. „Demokratie ist nicht nur eine politische Staatsform, sondern eine Seins- und Handlungsweise, die gelernt und geübt werden muss“, schreibt der ReliVanz-Impuls. „Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern ist abhängig von den Menschen, die in ihr leben. Der Religionsunterricht behandelt zentrale Werte wie Gerechtigkeit, Solidarität und Menschenwürde. Diese sind Grundlage einer demokratischen Gesellschaft.“

Demokratie bedeutet, verschiedene Meinungen zuzulassen und wertzuschätzen. Der Religionsunterricht wird als Raum für Debatten erkannt, „in denen Schülerinnen und Schüler lernen, andere Sichtweisen nachzuvollziehen und kritisch zu hinterfragen.“ Im Alltag übernehmen Schülerinnen und Schüler Verantwortung für das Gemeinwesen, und der Religionsunterricht ermutigt sie, sich mit gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen und eigene Positionen aktiv einzubringen.

"In der Frage der Bedeutung der Fastenzeit kann neben der Auseinandersetzung mit der eigenen Person und der Beziehung zu Gott Solidarität als zentrales Moment zur Sprache kommen", sagt Katharina Olgun. "Im Religionsunterricht können wir das nicht nur als theoretisches Konzept, sondern in Form von gelebten Werten im Alltag anschaulich machen."

(Bistum Essen/ Katharina Olgun/ ck)

 

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