Wie sinnvoll ist konfessionell-kooperativer Religionsunterricht? Religionspädagoginnen und -pädagogen der bayerischen Bistümer und Bildungseinrichtungen haben sich auf einer gemeinsamen Veranstaltung zum Modell des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts getroffen und Perspektiven und Settings diskutiert.
Der konfessionell-kooperative Religionsunterricht (KoKoRu) wird weitestgehend von allen Bundesländern in Deutschland anerkannt. "Konkret bedeutet das, dass unter bestimmten Umständen katholische, evangelische und andere Schüler, die das wollen, abwechselnd von Lehrkräften beider Bekenntnisse unterrichtet werden, die die Perspektiven der anderen Konfessionen jeweils mitvertreten", schreibt Dr. Stefan Orth, Theologe und Chefredakteur der Herder-Korrespondenz in seinem Essay Wie die Konfessionalität beim Religionsunterricht wahren?:Neue Verschränkungs- und Fusionsformen.
Viele verschiedene Modelle des Religionsunterrichts
Dabei existieren neben dem KoKoRu auch andere Unterrichtsmodelle, wie beispielsweise das Modell des Religionsunterrichts für alle in konfessioneller Kooperation und unter gleichberechtigter Beteiligung anderer Religionsgemeinschaften in Hamburg (RuFa2.0), der Christliche Religionsunterricht (CRU) in Niedersachsen oder das Modellprojekt KathReliOnline, einer Variante des digitalen Religionsunterrichts in Thüringen.
Ein häufiger Kritikpunkt an diesen Modellen ist die "Versachkundlichung". "Die Herausforderung besteht sowohl religionspädagogisch als auch mit Blick auf das Grundgesetz darin, es nicht beim "learning about religion" zu belassen, sondern wesentlich auch "learning in religion" zu betreiben", so Stefan Orth.
Der Blick in die Zukunft: Wo will Religionsunterricht hin?
Umso wichtiger ist die regelmäßige Evaluation der unterschiedlichen Modelle. Wie lässt sich der Religionsunterricht umsetzen? Welche Unterrichtsmethoden haben sich in der Praxis bewährt? Sind die Unterrichtsthemen, die Lehrpläne und die Curricula auf dem neuesten Stand?
Zu diesen Fragen und zur Weiterentwicklung des KoKoRu in Bayern haben in einer zweitägigen Veranstaltung Anfang Februar Religionslehrerinnen und -lehrer, Lehramtsstudierende, Seminarlehrkräfte, Fortbildungsverantwortliche, Verantwortungsträgerinnen und -träger aus Kirchen und Staat sowie Uni-Dozierende getagt. Insgesamt waren etwa 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angereist.
Die religionsdemographische Entwicklung in Bayern
Die von den evangelischen und katholischen Religionspädagogik-Lehrstühlen der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der Ludwig-Maximilians-Universität in München (LMU) ausgerichtete Tagung fokussierte Potenziale und beachtenswerte Perspektiven konfessionell-kooperativer Settings von Religionsunterricht.
In ihren Darlegungen boten Prof. Dr. Konstantin Lindner und Prof. Dr. Stefanie Lorenzen (Uni Bamberg) Einblicke in religionsdemografische Entwicklungen bei den Schülerinnen und Schülern an bayerischen Schulen und zeigten bereits bestehende Möglichkeiten auf, konfessionell-kooperativen Religionsunterricht zu organisieren.
Prof. Dr. Mirjam Schambeck sf und Prof. Dr. Ulrike Witten (LMU München) wiederum stellten religionsdidaktische Perspektiven zur Diskussion, wie der Religionsunterricht in Bayern weiterentwickelt werden kann – und zwar so, dass konfessionell-kooperative Settings vom Reichtum des gemeinsam Christlichen her gestaltet werden.
Dr. Yauheniya Danilovich (Universität Münster) ergänzte orthodoxe Perspektiven auf den bayerischen Religionsunterricht.
„Wo stehen die Kirchen im Blick auf den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Bayern?“
Am zweiten Tag eröffneten die Leiterin der Konferenz der Schulreferenten der bayerischen (Erz-)Bistümer Ordinariatsrätin Dr. Sandra Krump und Oberkirchenrat Michael Blumtritt, Leiter der Abteilung Gesellschaftsbezogene Dienste im Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, mit ihrem dialogisch vorgetragenen Statement zu: „Wo stehen die Kirchen im Blick auf den konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Bayern?“
Gemeinsam Religionsunterricht gestalten
In den anschließenden Workshops mit Experten und Expertinnen wurden Praxisoptionen konfessionell-kooperativer Settings vorgestellt und diskutiert: Innensichten der beiden in Bayern laufenden Schulprojekte "Religionsunterricht mit erweiterter Kooperation" (RUmek) an Grund- und Mittelschulen und dem "Schulprojekt zur Stärkung des konfessionellen Religionsunterrichts an Berufsschulen" (StReBe). Außerdem evaluierte und erarbeitete man Ideen zur Gestaltung entsprechender Lernumgebungen an Gymnasien und Umsetzungsoptionen in der fachwissenschaftlich-theologischen Lehrkräftebildung an Universitäten, aber auch im Referendariat und in der Fortbildung von Religionslehrerinnen und -lehrern.
Die als Kooperationsveranstaltung organisierte Tagung bildete den öffentlichen Auftakt der bayerischen Bildungseinrichtungen zur Thematik „Konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht in Bayern“. Die Zusammenarbeit wird schon seit langem im Austausch mit der Universität Bamberg und der LMU München betrieben. Zukünftig werden gemeinsame Publikationen erarbeitet und weitere Kooperationstagungen mit und für die Verantwortlichen im Religionsunterricht angeboten und organisiert.
Text: Stefanie Lorenzen, Ulrike Witten, Mirjam Schambeck sf und Konstantin Lindner
Einordnung: Claudia Klein