Insgesamt 1.000 Pädagoginnen und Pädagogen aus ganz Deutschland haben sich im Rahmen eines Online-Barcamps mit dem Thema „Lernen mit KI“ auseinandergesetzt. Organisiert wurde das „Ausbaldowercamp“ von der Bildungswissenschaftlerin Nele Hirsch. Auf dem Programm der Veranstaltung am 2. Februar standen insgesamt 75 Sessions rund um die Frage nach Möglichkeiten und Herausforderungen künstlicher Intelligenz in der Bildung.
ChatGPT ist aktuell der KI-Trend überhaupt. Doch was bedeutet der neue Chatbot für die Schule? Werden Schülerinnen und Schüler künftig Hausarbeiten mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erstellen? Wird die neue Technik das Bildungswesen revolutionierten? Der Informatiker Christian Spannagel plädierte unlängst für einen entspannten Umgang mit dem Textgenerator ChatGPT. KI-Systeme würden nicht dazu führen, dass Lernen ganz neu gedacht werden müsse, schrieb der Professor für Mathematikdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg in einem Gastbeitrag auf hochschulforumdigitalisierung.de, der auch auf rpp-katholisch.de zu finden ist.
So gesehen hat das Programm des „Ausbaldowercamp“ von Nele Hirsch, die auf der von ihr gegründeten Bildungsplattform eBildungslabor über Lernen unter den Bedingungen von Digitalität bloggt, brandaktuelle Themen im Blick. Unser Redakteur Karl Vörckel hat für uns an dem Online-Barcamp teilgenommen und berichtet hier von den Workshops, an denen er teilgenommen hat. Begleitend stellt er Programme, Apps und Praxisbeispiele vor, die im Unterricht kreativ genutzt werden können.
Session „KI beurteilen“
Tabea Berberena, wissenschaftliche Koordinatorin am IRIS (Austauschforum zur kritischen Beurteilung von Systemen künstlicher Intelligenz) stellte in ihrer Session Projektideen, Entwürfe und Materialien vor, durch die Schülerinnen und Schüler lernen, alltäglich genutzte Systeme künstlicher Intelligenz besser zu verstehen.
Viele Bildungsmaterialien werden auf der Seite ki-campus.org/ gesammelt. Unter anderem sind dort zweiminütige Videos zu finden, die erklären, was KI ist und wie sich die Auswahl der Daten, an denen die Maschine lernt, auf ihre Resultate auswirkt. Das Computerspiel akinator.com/, das auch als Handy-App angeboten wird, errät durch künstliche Intelligenz, an was sein Mitspieler gerade denkt. Ich habe es ausprobiert. Mein Lieblingstier, den Delfin, hat der Akinator mit 15 gezielten Fragen erraten, ohne etwas Falsches vorzuschlagen. Danach sollte das Programm die US-Vizepräsidentin Kamala Harris erraten. Nach 80 Fragen und vier falschen Vorschlägen gab es auf. Dabei erwies sich das Programm nicht gerade als intelligent, denn obwohl es eine Frau unter 60 suchen sollte, schlug es Barack Obama (*1961) vor. Wenn man die Leistungsgrenzen der KI diskutieren will, ist das Spiel ein guter Einstieg.
Session „KI und BNE“
Auf der Website des Online-Angebots ki-campus.org können Lehrkräfte und Lehramtsstudierende ohne Vorkenntnisse in einem Kurs mit vier einstündigen Modulen lernen, wie sie die Themen KI und Nachhaltigkeit im Unterricht vermitteln können. Während des Ausbaldowercamps gab die Mitarbeiterin Sophie Plötz Einblicke in das Programm. Besonders interessant für Religionslehrkräfte ist es, gemeinsam mit den Lernenden zu erarbeiten, wie Nachhaltigkeit auf lokaler Ebene erreicht werden kann, welche Projekte am Schulstandort in der Politik diskutiert werden und welche Interessen dabei aufeinanderstoßen. In einigen Fällen wird der User auf Fragen nach staatlichen Regelungen stoßen, wobei das KI-gestützte Tool fragdenstaat.de/ hilfreich sein kann.
Session „Rollenspiele und ChatGPT“
Andreas Giesbert ist Mediendidaktiker an der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften der Fernuniversität Hagen und begeisterter Gamer. Wenn man mit Chat-GPT über didaktische Spiele redet, kommen meist Quiz-Spiele heraus, die Giesbert nicht sehr interessant fand. Seine Devise: Lernen mit Spielen muss Spaß machen. Bei seinen weiteren Experimenten mit Chat-GPT fand er heraus, dass das Programm mit dem Begriff Rollenspiel umgehen kann. Auf diese Weise ließ sich zum Beispiel eine Startszene zu einem Rollenspiel erstellen, das sich mit dem Problem der Erhitzung der Städte im Zuge des Klimawandels befasst. Es könnte aber auch ein historisches Thema oder um eine ethische Dilemmasituation im Mittelpunkt stehen. Das Programm eignet sich auch als Spielleitung. Giesbert beklagte allerdings das klischeehafte Verhalten des Programms und forderte unbedingt eine didaktische Reflexion nach seiner Anwendung. Für die Zukunft wünschte sich Giesbert GPT-Anwendungen, deren Input gezielt ausgewählt werden kann – wie etwa die Werke eines bestimmten Autors oder die historischen Quellen aus einer Epoche.
Session „Mit KI Bilder machen“
Ein weiteres Werkzeug auf der Basis künstlicher Intelligenz sind Bildgeneratoren. Der gelernte Mediengestalter und aktive Berufsschullehrer Tobias Sanders stellte während seines Workshops einige davon vor. Ein leistungsfähiges Tool, das Bilder auf solche Weise generiert, ist docs.midjourney.com/. Für 25 Bilder fallen keine Kosten an. Wer ein gebührenpflichtiges Abonnement zeichnet, hat Zugriff auf ein größeres Bildkontigent und zusätzliche Funktionen. Alternative Webangebote mit anderen Bezahlmodellen oder ohne Kosten für den Nutzer sind:
https://openai.com/dall-e-2/
https://stablediffusionweb.com/
https://www.bluewillow.ai/ (via Discord)
Fazit
Die Bildungsinstitutionen sind gefragt, die Lernenden nicht nur zu informieren, sondern stark zu machen, um sich gegen die künstliche Intelligenz zu behaupten. In der von dem niedersächsischen Bildungspolitiker Jörg Steinmann moderierten Session hielten die Vertreterinnen und Vertreter verschiedener öffentlicher Bildungsträger Verbote für aussichtslos und setzten stattdessen auf Fortbildung. Das Ausbaldowercamp selbst war ein gelungener Beitrag dazu.
Von Karl Vörckel
(mam)